Agnan und Felesna. Kapitel 3.
Konrad Sonnengold: Agnan und Felesna. Abenteuerfahrt zum Selbst. Spiritueller Zukunftsroman.
Erster Band des Zyklus „Viel-Eine Sonne der Liebe. Entfaltung des Göttlichen in Zeit und Raum“.
3
Nun unterrichtete Lan einige Wochen lang jene Frau,
nach deren Herz sich sein Herz sehnte, wenngleich er sich keine Illusionen
machte und sein gewohntes Leben lebte. Jeder Blick, jedes Wort von ihr war für
ihn ein Geschenk des Himmels, das er gut zu hüten wusste, umzingelt von den
vielen Blicken und den vielen Worten der übrigen Schüler. Einmal in der Pause
fand sich die Gelegenheit, ein paar Worte mit Sona über Poesie und deren
Übersetzung in die pesatische Sprache zu wechseln, doch als ein anderer Schüler
Lan wegen einer wichtigen Angelegenheit sprechen wollte, sprang sie eilends
davon, als wollte sie nicht entdeckt werden. Diese Gelegenheit kehrte nicht so
bald mehr wieder, weshalb Lan Sona nur manchmal im Unterricht betrachten
konnte, wenn er sich unbeobachtet fühlte.
So verbrachte Lan diese Tage, bis ihm Sona, welche für
die Dauer ihres Aufenthalts auf Keront eine Arbeitsstelle gefunden hatte, eines
Nachts auf dem Wege der Gedankenübertragung in seiner Sprache die Beschreibung
eines poetischen Traums schickte, der ihm, in rätselhafte Bilder und
Gleichnisse gehüllt, ihr Innerstes bloßlegte. Sie bat ihn um eine Antwort, doch
er solle sich Zeit lassen. Lan, glücklich über diesen Vertrauensbeweis,
erfüllte ihr diesen Wunsch, obwohl er den Traum mit seinem Verstand nicht
deuten konnte. Aber sein Herz hatte sofort intuitiv die verschlüsselte
Botschaft erfasst. So schickte er ihr nach einiger Zeit zwei Antworten, eine
für ihren Verstand und eine für ihr Herz. Sie solle selbst wählen, welche der
beiden ihr die liebere sei.
„Liebe Sona“, begann Lan die telepathische Antwort, „ich schicke dir zwei Antworten auf deinen Traum. Beide mögen richtig oder falsch sein. Such dir eine aus. Nur eines sollst du vorher bedenken: welche Antwort auch immer du als die richtige erwählst, so gehst du mit deiner Wahl auch eine Verpflichtung ein und wirst die Folgen deiner Entscheidung zu tragen haben. Nun die erste Antwort: ‚Ich sehe, dass du unsere kerontische Sprache bereits sehr gut beherrschst und sogar darin dichten kannst. Du verwendest viele metaphorische und paradoxe Ausdrücke, womit deine Traumbotschaft sehr rätselhaft und geheimnisvoll wirkt. Manche Formulierungen sind sehr stark, und einige Schlüsselbegriffe stechen durch ihre Wiederkehr hervor. Doch ehrlich gesagt, bin ich noch nicht dahintergekommen, was du damit sagen willst. Ich würde dir vorschlagen, mir den gleichen Traum in deiner Muttersprache zu schicken, vielleicht wird mir dann einiges klarer.‘ Soweit die erste Antwort. Und nun zur zweiten: ‚Ohne auch nur ein Wort deines Traumes mit meinem Verstand zu verstehen, liest mein Herz doch darin wie in einem offenen Buch. Du bist voller Liebe, so voll, dass dein Herz davon übergeht und du jeden Augenblick innerlich zu explodieren drohst. Ich kenne diesen Zustand selbst sehr gut. Als ich dich das erste Mal sah, lagen sich unsere Seelen bereits eng umschlungen in den Armen. Und als ich erfuhr, dass du schon vergeben warst, sehnten sich meine Lippen nur noch mehr nach deinem Mund, meine Hände nur noch mehr nach deinem Haar und mein Herz nur noch mehr nach deiner Seele. Ich wusste, dass ich dich nie berühren durfte, und wagte nur eines zu hoffen: die Seelenliebenden zu werden, die wir seit jeher schon sind.' Soweit die zweite Antwort. Welche auch immer du als die richtige erkennen mögest, es ändert nichts an dem, was ist.“
Sona wollte sich mit Lan für eine Aussprache im
subtil-physischen Raum treffen. Es war die Dimension, die der grobstofflich-materiellen
am nächsten lag. Einer verheirateten Frau von Pesat war es nicht gestattet, sich
mit einem anderen Mann auf der grobstofflichen Ebene des direkten physischen
Kontaktes zu treffen. Die Pesater richteten sich auch auf dem Planeten Keront
nach ihren strengen Sitten.
Es kam darauf an, die richtige Frequenz anzupeilen,
wollte man nicht in eine falsche Dimension geraten. Der grobstoffliche Körper
blieb an seinem Ort, nur der feinstoffliche ging auf Reisen. Lan hatte sich
zunächst tatsächlich in der Feinabstimmung der Frequenz geirrt, sodass er zwei
Mitarbeiterinnen Sonas begegnete, die ihn fragten, wen er denn suche. Er nannte
den Namen Sonas, weil es noch immer das Beste war, die Wahrheit zu sagen,
nachdem man in der feinstofflichen Dimension schlecht lügen konnte, ohne sofort
aufgedeckt zu werden. Sie teilten ihm die gewünschte Feinabstimmung mit, und
als er endlich am verabredeten Ort war, stand plötzlich Sona selbst vor ihm. Er
war sofort überwältigt von ihrer Schönheit. Ihre subtilen Körper setzten sich
einander gegenüber. Im feinstofflichen Raum erfreuten sich alle Lebewesen und
Dinge einer größeren Schönheit und Kraft als im grobstofflichen. Lan hatte sich
vorgenommen, genau auf das zu hören, was Sona ihm zu sagen hatte, sodass er
sich nicht so sehr auf ihre subtile Präsenz konzentrieren konnte. Dennoch fand
er die Gelegenheit, zunächst ihr Gesicht zu betrachten, weil sie lange schwieg.
Sie sahen sich in die Augen, wobei er es war, der ihre Augen suchte. Sie hielt
seinem tiefen Blick stand, wenngleich sie ab und zu wie verlegen ihren Blick
senkte, was sie in Lans Augen nur noch süßer und liebenswerter machte. Sie
versanken beide ineinander und ließen die subtilen Welten hinter sich, um bis
tief in die verborgenen Reiche des Seelischen einzudringen, wo sie sich in
ihrer ursprünglichen Reinheit und Aufrichtigkeit wiederfanden. Erst jetzt begriff
Lan, wie sehr er diese Frau in Wahrheit liebte. Er fühlte sich so unendlich mit
ihr verbunden, dass sein Herz unaufhörlich Hochzeit mit ihr feierte. Ihre
Augen, ihr Haar und ihre schmalen, langen Lippen waren nicht von dieser Welt.
Lan sah sich selbst in ihr. Sie war seine Kraft.
Was Sonas Leben betraf, so war es im Großen und Ganzen
so, wie er es bereits geahnt hatte: Sie hatte sich selbst gefesselt, und nur
sie selbst konnte ihre Fesseln sprengen. Sie war nicht die erste Seele, die das
um einer bestimmten Erfahrung willen getan hatte. Aufgrund dieser
Selbstfesselung seien ihr bisher viele Entwicklungschancen entgangen, erzählte
sie. Lan erinnerte sie an ihr unendliches inneres Potential und ihre gewaltige
Ausstrahlung, worauf sie wieder verlegen ihren Blick senkte. Erst gegen Ende
des Gesprächs wagte er es, sie auf seine zweideutige Antwort auf ihre poetische
Traumbotschaft anzusprechen. Zum Abschied überreichte sie ihm ein wertvolles
Geschenk, das auf Pesat nur die höchsten Gäste erhielten. Er war sehr ergriffen
von dieser herzlichen Geste, ließ sich aber nichts anmerken. Sie versprachen
einander, in telepathischem Kontakt zu bleiben. Als Lan wieder in seinen
grobstofflichen Körper zurückgekehrt war, fühlte er sich von einer
unermesslichen Energie getragen, die ihn einige Tage lang alles mit
Leichtigkeit und Freude tun ließ.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen