DIE DISKUSSION DER FRAGE DER ALBANISCHEN ETHNOGENESE Ein historischer Abriss

Kurt Gostentschnigg

DIE DISKUSSION DER FRAGE DER ALBANISCHEN ETHNOGENESE

Ein historischer Abriss[1]

In: Eckehard Pistrick (Hg.): Deutsch-Albanische Wissenschaftsbeziehungen hinter dem Eisernen Vorhang. Wiesbaden: Harrassowitz 2016. (= Albanische Forschungen 39), S. 51-74.

            Die Frage der albanischen Ethnogenese, womit eigentlich die Geschichte des albanischen Siedlungsgebietes, insbesondere die Frage des historisch ältesten Wohnsitzes der Albaner, eng verknüpft mit der Frage der Herkunft der Albaner und ihrer Sprache, gemeint ist, entfachte unter anderem das Interesse der Wissenschaft an dem albanischen Volk und ist heute noch bzw. wieder neben Fragen der albanischen Zeitgeschichte und der Sprachreformen des Albanischen eine der am meisten umstrittenen und diskutierten innerhalb der im weitesten Sinne zu verstehenden, also alle mit albanischen Themen befassten Wissenschaftsdisziplinen umfassenden Albanologie. Zudem erhielt und erhält sie immer wieder eine aktuelle politische Brisanz, vor allem in der wissenschaftlichen Polemik zwischen Albanern und Serben über die von beiden Ethnien für sich beanspruchten angestammten Wohnsitze in Kosova. Daher soll hier die Diskussion dieser Frage in Form eines kurzen historischen Abrisses von ihren Anfängen bis in unsere Gegenwart behandelt werden.[2]

            Die Forschungsfrage dreht sich um die albanische Frühgeschichte, wobei es um die Verortung der Albanischsprechenden in Raum und Zeit geht. Die Diskussion konzentriert sich zeitlich auf die Epoche von der römischen Herrschaft bis zum Auftreten der Albaner in Schriftquellen des Hochmittelalters (3. Jh. v. Chr. bis 11. Jh. n. Chr.). Um das Fehlen von Urkunden und Chroniken für diesen Zeitraum auszugleichen, greift die historische Forschung auf sprachwissenschaftliche Mittel zurück und bedient sich der archäologischen Erkenntnisse als Ergänzung. Nachdem es für die altbalkanischen Sprachen kaum schriftliche Belege gibt, wird die albanische Sprache selbst als Quellenmaterial betrachtet, indem man Wortschatz, Orts- und Flurnamen sowie Sprachformen in ihrer jahrhundertelangen Entwicklung untersucht. Relevant ist in diesem Zusammenhang die folgende sprachgeschichtliche Einteilung des Albanischen: Vor-Uralbanisch für die vorrömische Zeit; Uralbanisch für die römische Zeit und das Mittelalter; Altalbanisch 15. – 18. Jh.; Neualbanisch ab dem 19. Jh.. Die Bewertung der aus diesen Quellen gewonnenen Erkenntnisse fällt dabei sehr unterschiedlich aus:

1)     Abstammung des Albanischen vom Illyrischen: Autochthonie der Albaner als Nachkommen der Illyrer

2)     Abstammung des Albanischen vom Thrakischen: Zuwanderung der thrakischen Vorfahren

3)     Abstammung des Albanischen weder vom Illyrischen noch vom Thrakischen: Entwicklung aus einer anderen, unbekannten altbalkanischen Sprache.

Die vorherrschende Ansicht innerhalb der Wissenschaft ist jene der Autochthonie, vor allem in Albanien und Kosova.[3] Die Vertreter der Illyrerthese schwanken in der Frage der Absteckung der illyrischen Siedlungsgebiete in römischer Zeit zwischen Georg Stadtmüllers Mati-Gau und – in neuerer Zeit – dem heutigen Nordalbanien, heutigen Kosova und heutigen Makedonien. Die Vertreter der Thrakerthese hingegen versuchen eine Antwort auf die Frage zu geben, wann die Albaner in ihre heutigen Territorien eingewandert sind, wobei die Meinungen zwischen einer Zuwanderung aus sehr weiter Entfernung (z. B. Kaukasus) und einer aus dem nahen, östlich angrenzenden Bergland an die heutige albanische Küste angesiedelt sind. Die Unmöglichkeit der Rekonstruktion des Illyrischen[4] – daher gibt es zwar Hinweise, aber keine Beweise für die illyrisch-albanische Kontinuität –, die spekulativen Herleitungen aus dem nur spärlich dokumentierten Thrakischen[5] und die späte schriftliche Dokumentation des Albanischen erschweren das ehrgeizige Unterfangen beider Lager, welches noch im Einzelnen anhand ausgesuchter Beispiele geschildert werden soll, in erheblicher Weise.

            Für die Mehrzahl der Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts war die Autochthonie der Albaner eine selbstverständliche Sache. Hingegen für einige Historiker und viele Sprachwissenschaftler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind die Albaner in ihre heutigen Siedlungsgebiete Zugewanderte. Es waren vor allem zwei Umstände, die ihre Schlussfolgerungen dahingehend beeinflussten: die albanisch-rumänischen Beziehungen und die Toponymie Albaniens. Die sprachlichen Beziehungen des Albanischen mit dem Rumänischen wurden von einigen Sprachwissenschaftlern in einem zentralen oder östlichen Gebiet der Balkanhalbinsel lokalisiert, weit entfernt von den heutigen Wohnsitzen der Albaner.[6] Und was die Toponymie betrifft, so sind viele Experten der Ansicht, dass die heutigen Ortsnamen in Albanien, wenn man sie mit den entsprechenden Formen in der Antike vergleicht, beweisen würden, dass die phonetische Entwicklung, die sie im Laufe der Zeit durchgemacht haben, nicht ohne Unterbrechung erfolgt sei, was auf eine fehlende Kontinuität des albanischen Elements in diesen Gegenden schließen lasse.[7]

            Zur Stützung der These der Diskontinuität führten ihre Anhänger folgende drei historische Argumente an: erstens die völlige Unterbrechung der Überlieferung, verursacht durch die großen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen vom 5. bis zum 10. Jahrhundert; zweitens die mehr oder weniger völlige Romanisierung der Illyrer und drittens die ebenso völlige Slawisierung der romanisierten Illyrer. Die Präsenz der Albaner in ihren mittelalterlichen und heutigen Siedlungsgebieten erklären sie durch die späteren Zuwanderungsbewegungen aus den thrakischen Gebieten des östlichen Balkans oder jenseits der Donau und aus den einstigen illyrischen Gegenden am mittleren und westlichen Balkan südlich der Donau. Diese These der Zuwanderung führte zu zwei Folgeannahmen: einerseits die spätere gewaltsame Albanisierung der vorgefundenen Territorien durch die zugewanderten Albaner und andererseits die äußerst niedrige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungsstufe der mittelalterlichen Albaner. Es habe sich dabei um Wanderhirten gehandelt, die aus abgeschlosseneren und rückständigeren Gebieten gekommen seien, wo diese kleinen Gruppierungen einer alten halbassimilierten Bevölkerung der vollständigen Romanisierung widerstehen hätten können.

            Bis vor noch nicht allzu langer Zeit standen sich also nur diese beiden Lager gegenüber: auf der einen Seite die Vertreter der "Illyrischen These", die so genannten Autochthonisten[8], und auf der anderen Seite die Vertreter der "Thrako-dakischen" oder "Dako-mysischen These", bekannt als die Anhänger der Admigrationsthese[9]. Die einen behaupten die von jeher bestehende Ansässigkeit der Albaner im Gebiet ihres heutigen Siedlungsraumes und die anderen ihre Zuwanderung vom Osten in ihre heutigen Wohnsitze, wobei sie sich über die Ausgangsgebiete der Zuwanderung bis heute nicht einig sind. Die These der illyrischen Herkunft stützt sich nicht nur auf sprachwissenschaftliche Zeugnisse, sondern auch auf kräftige historische Argumente. Deshalb wurde sie zuerst von Historikern entwickelt und später von den Sprachwissenschaftlern übernommen. Die These der thrakischen Abstammung hingegen basiert mehr auf sprachwissenschaftlichen als auf historischen Kriterien, was sich aus der Tatsache erklärt, dass die Thraker hauptsächlich in Rumänien und im heutigen Bulgarien gelebt haben, also außerhalb der ethnischen Grenzen der Albaner. Daher fehle der Thrakischen These laut Eqrem Çabej ein solides historisches Fundament.[10]

            Für die illyrische Herkunft der Albaner und des Albanischen sprachen sich unter anderen folgende Wissenschaftler aus: Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann Erich Thunman, Josef Ritter von Xylander, Johann Georg von Hahn, Bartholomäus Kopitar, Theodor Benfey, Franz Miklosich, Lorenz Diefenbach, Jakob Philipp Fallmerayer[11], Martin Leake, Gustav Meyer, Paul Kretschmer, Holger Pedersen, Albert Thumb, Mateo Bartoli, Wilhelm Meyer-Lübke, Sextil Puscariu, Josef Konstantin Jireček, Milan von Šufflay und – mit Modifikationen – Carl Patsch und Franz Nopcsa.

            Thunmann stellte unter Bezugnahme auf Ptolemäus, der im 2. Jahrhundert n. Chr. die zwischen den Flüssen Drin und Shkumbin vermutete Stadt Albanopolis erwähnt hatte, die Behauptung auf, dass die Heimat der Albaner in der Berglandschaft zwischen Drin und Shkumbin liege. Unter den Ortsnamen am westlichen Balkan fand er auch einige thrakische, die bezeugen würden, dass die Thraker bis an die Adriaküste gesiedelt hätten. Auf der Basis dieser Argumente gelangte er zur Schlussfolgerung, dass die Illyrer und Thraker zwar zwei verschiedene Völker wären, ihre Stämme sich jedoch aufgrund der räumlichen Nähe miteinander vermischt hätten. Die heutigen Albaner betrachtete Thunmann hauptsächlich als Nachkommen der Illyrer, wobei an der Herausbildung ihres Ethnos auch ein thrakisches Element teilgenommen habe.[12] Damit wurde er zum Begründer der Illyrerthese, die Ende des 19. Jahrhunderts Eingang in die Diskussion albanischer Nationalisten fand und im kommunistischen Albanien zur Geschichtsdoktrin erhoben wurde.

            Hahn war der erste, der eine Reihe von alten Ortsnamen der albanischen Gegenden und der umliegenden Gebiete untersuchte und sie mit den albanischen Appellativen verglich. Seiner Ansicht nach bilden die Epiroten und Mazedonier, die beide mit den Illyrern verwandt seien, den Kern des tyrrhenisch-pelasgischen Völkerkomplexes. Demnach sei das Illyrische in einem weiteren Sinne eine pelasgische Sprache und zählten zu den Vorfahren der Albaner neben den Illyrern auch die Epiroten und Mazedonier, die wiederum alle von den Pelasgern[13] abstammten. Laut Çabej sei die Pelasgerthese Hahns im Zusammenhang mit der Herkunft der Albaner und ihrer Sprache in diesem verallgemeinerten Sinn nicht haltbar, weil das Illyrische und das Pelasgische aller Wahrscheinlichkeit nach verschiedene Sprachen seien. Aufgrund fehlender Sprachzeugnisse, die mit Sicherheit jener Sprache zugeordnet werden könnten, sei sich die Sprachwissenschaft über den sprachlichen Charakter des Pelasgischen nicht im Klaren. Außerdem seien sich die Wissenschaftler, betont Çabej, in den letzten Jahren nicht darüber einig, welches Volk und welche Sprache als pelasgisch zu bezeichnen sei.[14] Diese Idee eines angeblich uralten Balkanvolkes, von dem die Griechen und Albaner als Brudervölker abstammten, erfährt zurzeit in albanischen Kreisen eine gewisse Renaissance, worauf später noch eingegangen werden soll.

            Auch Šufflay, Patsch und Nopcsa traten für die These der Autochthonie der heutigen Albaner ein. Šufflay war der Meinung, dass auch ohne historische Zeugnisse – wie jenes von Ptolemäus über den Stamm der „Albanoi“ – die Spuren des sprachlichen Einflusses des Lateinischen auf das Albanische selbst genügen würden, um die Wohnsitze der Albaner an der Adriaküste festzulegen. Die Analyse der illyrisch-thrakischen und albanisch-rumänischen Symbiose widerlege die thrakische These. Die sprachlichen Beziehungen zwischen dem Albanischen und Rumänischen seien nicht etwa durch ihre gemeinsame thrakische Herkunft, sondern durch die illyrisch-thrakischen Symbiosen, die Wanderung der Rumänen am Balkan und die albanisch-rumänische Symbiose im mittelalterlichen Albanien erklärbar. Daher lautete die Schlussfolgerung Šufflays: die Albaner sind Illyrer mit einer thrakischen Schicht.[15]

            Auf der Basis des historischen und ortsnamenkundlichen Materials gelangte Patsch zur Ansicht, dass es bereits vor den Illyrern eine thrakische Bevölkerung am westlichen Balkan gegeben habe, die von einer illyrischen Schicht überlagert worden sei.[16]

            Ausgehend hauptsächlich von der Ethnographie, kam Nopcsa zu einer ähnlichen Schlussfolgerung: die Albaner gehörten sowohl zum kulturellen Kreis der Thraker als auch zu jenem der Illyrer; in den Territorien des heutigen Albaniens sei eine thrakische Unterschicht mit einer illyrischen Oberschicht verschmolzen. Die albanische Bevölkerung der östlichen Adriaküste sei daher die Nachkommenschaft dieser thrakisch-illyrischen Mischung aus der Römerzeit, wobei zahlenmäßig das thrakische und sozial das illyrische Element dominiert habe. Daraus erkläre sich auch die Nachbarschaft von illyrischen und thrakischen Ortsnamen in diesem Gebiet.[17]

            Jireček beschränkte das Siedlungsgebiet der Albaner in der römischen Zeit auf das Bergland zwischen Dalmatien und Donau.[18] Gemeint sei die bosnische Berglandschaft zwischen den Tälern des Vrbas und der Drina, wo es keine lateinischen Inschriften und Spuren der Romanisierung gebe. Während der Völkerwanderungszeit seien die halb romanisierten Illyrer in das Gebiet des heutigen Albaniens abgedrängt worden. Diese Theorie sei aber laut Stadtmüller nicht haltbar, weil das Siedlungsgebiet der Albaner während der Römerzeit aufgrund der nachweisbaren griechischen Lehnwörter im Albanischen im Bereich der lateinisch-griechischen Sprachgrenze gelegen haben müsse.[19]

            Eine vermittelnde Position nahm Norbert Jokl im Zusammenhang mit dem Problem der Herkunft des Albanischen und der Autochthonie der Albaner ein.[20] Er zog aus seinen Forschungen die Schlussfolgerung, dass die wenigen Elemente, die aus dem Wortschatz des Illyrischen und Thrakischen bekannt seien, zum Großteil durch die heutige albanische Sprache erklärt werden könnten. Diese verwandtschaftlichen Beziehungen fand er auch außerhalb des Wortschatzes, nämlich im grammatikalischen System und in der allgemeinen Struktur dieser Sprachen. Daher betonte Jokl, dass einige Merkmale des Illyrischen und Thrakischen sowohl in phonetischer als auch morphologischer Hinsicht ihre Analogien in den entsprechenden Erscheinungen des sprachlichen Systems des Albanischen hätten: den Vokalen, Konsonanten (besonders Gutturalen), Konsonantengruppen, Suffixen und Präfixen. Es sei bekannt, dass die Übereinstimmungen auf phonetischem und grammatikalischem Gebiet ein genaueres Indiz für die Bestimmung des sprachlichen Verwandtschaftsgrades seien, als es der Wortschatz sein könne, deshalb seien dieselben von besonderer Bedeutung. Ausgehend von dieser Argumentation folgerte Jokl, dass die albanische Sprache sowohl dem Illyrischen als auch dem Thrakischen sehr nahe stehe, sodass man von ihr als einer illyrisch-thrakischen oder thrakisch-illyrischen Sprache sprechen könne. Diese Theorie unterstützten auch Max Vasmer, Francesco Ribezzo und Carlo Tagliavini.[21] Jokl war zwar prinzipiell von der Autochthonie der Albaner überzeugt, gelangte jedoch zur Schlussfolgerung, dass die frühen Wohnsitze der Albaner nicht mit den heutigen im Nordwesten an der Adriaküste übereinstimmten, weil seiner Meinung nach die „Schiffsausdrücke“ des Albanischen ein buntes Lehnwörtergemisch darstellten.[22] Ein weiteres negatives Indiz sei die vergleichsweise geringe Anzahl der altgriechischen Lehnwörter, die zusammen mit anderen Umständen jene Teile des albanischen Gebietes, die heute in intensiver Berührung mit dem Griechentum stünden, als neueren Zuwachs erkennen ließen. Als die Wiege des albanischen Volkes komme nur irgendeine Gegend des nördlichen Teiles des illyrischen Balkangebietes, etwa im Bereiche des alten Dardaniens, in Frage, ein Gebiet, das folgende Bedingungen erfülle: eine Zone innerhalb der Romanisierung, von der sie relativ früh erfasst worden sei, und nicht ganz außerhalb der Sphäre des Griechischen sowie nahe der Wiege des Rumänischen, wo sich das Illyrische und das Thrakische berührt hätten. Die heutige serbische Namensform Niš für das alte Naissus, einen Hauptort von Dardanien, weise laut Jokl mit ihrer Hyphärese des vortonigen Vokals auf albanische sprachliche Vermittlung hin und sei damit eines der sprachlichen Zeugnisse für die Besiedelung dieser Gegend – auch heute von den Ausläufern des albanischen Sprachgebietes nicht allzu weit entfernt – durch die Vorväter der Albaner noch vor dem Auftauchen der Slawen.[23] Der illyrische Charakter dieser Region gehe aus Namensbildungen hervor, und andererseits fehlten auch thrakische Elemente in der Toponymie nicht. Die Zeit, in welcher die Vorfahren der Albaner in diese älteren balkanischen Sitze gelangt seien, lasse sich mit sprachlichen Mitteln relativ wohl bestimmen: sie sei später anzusetzen als ein die indogermanischen Elemente der Sprache ergreifender Lautwandel: sk- zu h- vor dunklem Vokal.[24] Von Dardanien seien die frühen Albaner zur Zeit der Spätantike, jedoch noch vor der Ankunft der Slawen in Albanien, in ihre heutigen Wohnsitze an der östlichen Adriaküste eingewandert. Dieser Ansicht waren auch Petar Skok und Edith Durham.[25] Gegen die These Jokls sprach sich im Besonderen Stadtmüller aus, weil Dardanien als eine in römisch-frühbyzantinischer Zeit nachweislich völlig romanisierte Zone nicht als Formierungsgebiet des albanischen Volkes berücksichtigt werden könne.[26]

            Für die thrakische Herkunft der Albaner und des Albanischen traten unter anderen folgende Sprachwissenschaftler ein: Karl Paul, Hermann Hirt, Henrik Barić, Gustav Weigand, Stephan Mladenov, Alexandru Philipide, D. Dećev und Vladimir Georgiev.

            Als Hauptargument führte Hirt den Umstand an, dass das Thrakische und Albanische ostindogermanische Sprachen (Satem) seien, während das Illyrische eine westindogermanische Sprache (Kentum) sei; deshalb könne das Albanische nicht die Fortsetzung dieser Sprache sein, sondern nur eine Tochtersprache des Thrakischen. Gegen diese These sei laut Çabej einzuwenden, dass der Kentum-Charakter des Illyrischen keine so sichere Sache sei, wie es Hirt darstelle, weil es andere Albanologen gebe wie Jokl, Ribezzo, Anton Meyer und W. Cimochovski, die das Illyrische als eine ostindogermanische oder Satemsprache betrachteten.[27] Eine andere These von Hirt war jene, dass die Albaner nicht seit der Antike in Albanien ansässig, sondern erst später dorthin eingewandert seien, und dass die namenskundliche Gleichung „Albanoi“ = „Arbër“ nichts zugunsten der illyrischen Herkunft der Albaner beweise, weil die ethnischen Bezeichnungen oft von einem Volk zum anderen wanderten.

            Ebenso war Barić der Meinung, dass die ethnische Bezeichnung „Albanoi“ sowie die illyrischen Elemente des Albanischen nichts zur Bestätigung des illyrischen Ursprungs beitrügen, weil das Albanische, so wie es Wörter von verschiedenen Sprachen entlehnt habe, auch welche vom Illyrischen übernommen habe. Die heutigen Albaner seien demnach von der östlichen Balkanhalbinsel – und zwar von den Gebirgsgegenden des Balkan und der Rhodopen in Bulgarien – ausgewanderte Thraker, die zwischen dem Ende des Römischen Reiches und der Ankunft der Slawen in Albanien dort angekommen seien und eine Unterschicht von illyrischer Bevölkerung überlagert hätten. Aus dieser sprachlichen Vermischung sei das Albanische hervorgegangen, das ein illyrisierter thrakischer Dialekt sei.[28]

            Gustav Weigand, einer der Begründer der rumänischen Sprachwissenschaft und der Balkanistik sowie der Hauptvertreter der Thrakischen These, lieferte eine Anzahl von Argumenten für den Beweis seiner Zuwanderungsthese, gemäß derselben die Albaner aus dem Osten in ihre heutigen Siedlungsgebiete eingewandert seien. Seiner Ansicht nach würden die lateinischen Ortsnamen in Albanien nicht die grammatikalische Form des Albanischen, sondern jene des alten Dalmatisch aufweisen. Wenn die Albaner immer im heutigen Albanien gesiedelt hätten, müssten die aus der Antike überkommenen Ortsnamen die phonetische Entwicklung des Albanischen durchgemacht haben. Außerdem gebe es keine Spuren des Einflusses des alten Dalmatisch auf die albanische Sprache, sondern vielmehr des Italienischen bzw. des Venezianischen. Eine Reihe von Personen- und Ortsnamen in Thrakien und Dakien könnten nur durch das Albanische erklärt werden, das bewiesenermaßen auch einige thrakische Wörter enthalte. Als ein Hauptargument brachte Weigand die Terminologie der Schifffahrt und des Fischfangs im Albanischen vor, die seiner Meinung nach fremden Ursprungs seien. Es sei bekannt, dass die Illyrer Seefahrer mit einer an Begriffen für die Seefahrt und den Fischfang reichen Sprache gewesen seien. Das hätte sich im Albanischen wenigstens teilweise erhalten müssen, wenn die Albaner die Nachfahren der Illyrer wären und immer in den illyrischen Siedlungsgebieten gewohnt hätten. Hingegen seien alle Bezeichnungen der Schifffahrt, der Fische und Werkzeuge für den Fischfang fremd, griechisch, venezianisch, slawisch oder türkisch, und völlig neu.[29] Daher müssten die Albaner aus dem Hinterland in das Küstengebiet gekommen sein. Das sei laut Weigand auch aus der Tatsache ersichtlich, dass die Albaner nicht vor dem 11. Jahrhundert erwähnt werden, obwohl dieses Land in vielen Dokumenten auch im Zusammenhang mit der einheimischen Bevölkerung Erwähnung fände. Die rumänisch-albanischen Beziehungen des nichtlateinischen Ursprungs würden beweisen, dass die Albaner und die Rumänen irgendwo gemeinsam gewohnt hätten. Das könne niemals in den illyrischen Gebieten gewesen sein, weil hier das alte Dalmatisch entstanden sei, das sich grundlegend vom Rumänischen unterscheide. Diese Tatsache werde gemäß Weigand auch durch die lateinischen Elemente in der rumänischen Sprache bestätigt, deren Formen nur auf diese Weise erklärt werden könnten, dass sie durch die Vermittlung des Albanischen gebildet worden seien. Die albanisch-rumänischen Übereinstimmungen auf dem Gebiet der Sprache und der Folklore müssten unter gleichen kulturellen, örtlichen und sprachlichen Bedingungen zustande gekommen sein. Sich auf diese Argumente stützend, gelangte Weigand zur Schlussfolgerung, dass die Albaner Thraker seien, konkret die Nachkommen des Stammes der Bessen, die bis zum 6. Jahrhundert nicht romanisiert worden seien. Die Albaner und die Rumänen hätten sich demnach gleichzeitig als Völker mit eigenen Sprachen in der Zeit vom 6. bis zum 9. Jahrhundert in gemeinsamen Wohnsitzen – in Übereinstimmung mit der Ansicht von Wilhelm Tomaschek – im Dreieck Niš-Sofia-Skopje formiert.[30]

            Diese Theorie von Weigand unterzog Çabej einer ausführlichen Kritik. Einerseits habe sie das Verdienst, die Beziehungen der Albaner mit den Rumänen und des Albanischen mit dem Rumänischen, welche wirklich sehr enge seien, noch einmal aufzuzeigen. Andererseits weise sie jedoch einige Fehler auf: erstens die Nichtberücksichtigung der offensichtlichen illyrisch-albanischen Beziehungen, um in einseitiger Weise die thrakisch-albanischen Beziehungen überzubetonen; zweitens entbehre seine These, dass das albanische Volk sich in der Periode 600 bis 900 n. Chr. im Zentrum der Balkanhalbinsel formiert habe, jeder historischen Basis; drittens meinte Çabej in Übereinstimmung mit der Kritik von Jokl, Mladenov und Cimochowski, dass die Terminologie der Schifffahrt und der Seefahrt nicht völlig fremd sei, wie es Weigand behaupte. Fremd sei nur der technische Wortschatz dieses Bereichs: die Bezeichnungen der Fahrzeuge der Schifffahrt wie Boot und Fähre, die Bezeichnungen der Werkzeuge des Fischfangs und die Mehrzahl der Fischnamen. Aber es gebe eine Anzahl von Wörtern mit einem allgemeinen Charakter, die zum autochthonen Fonds gehörten wie "det" (Meer), "pellg" (tiefe Stelle im Wasser) und "anije" (Schiff); viertens weise auch das Illyrische einige der thrakisch-albanischen Analogien auf. Auf diese Art und Weise würden diese Vergleiche nicht als thrakisch-albanische, sondern als dreiseitige illyrisch-thrakisch-albanische Gleichheiten erscheinen; fünftens sei die Argumentation, dass die Albaner nach Albanien eingewandert seien, weil sie vor dem 11. Jahrhundert nicht erwähnt würden, eine stillschweigende Argumentation;[31] sechstens fielen einem die Beziehungen der Rumänen und Albaner in Sprache und Folklore, in den Anschauungen der materiellen Kultur, wie die Trachten, das Geschirr der Molkereiprodukte, im Allgemeinen die Elemente des Hirtenlebens, wie auch in einigen Merkmalen der geistigen Kultur, wie die Gestalten der Mythologie, der Rhythmus und die Melodie des Volksliedes, tatsächlich auf, aber es bestehe keine methodologische Notwendigkeit, dieselben zum thrakischen Erbgut zuzuordnen, weil es möglich sei, dass sich darunter genügend Elemente illyrischer Herkunft befänden.[32]

            Diese angeführten Lösungsversuche der Frage der albanischen Ethnogenese erfuhren durch Stadtmüller eine grundsätzliche Kritik,[33] die sich im Wesentlichen in fünf Punkten zusammenfassen lässt: erstens habe jeder unter "Urheimat" die Heimat zu einer anderen Zeit verstanden. Der Ausdruck "Heimat" müsse vermieden werden, weil man mit ihm immer auch "sesshafte Ansiedlung" verbinde, was aber im Falle der Albaner, die ja Wanderhirten gewesen seien, nicht zutreffend gewesen sei. Um die Unklarheit der Begriffe "Heimat" und "Urheimat" gar nicht erst aufkommen zu lassen, sollte man stattdessen "Lebensraum" als adäquaten Ausdruck verwenden; zweitens habe die Albanienforschung schon in ihren Anfängen die Lebensraumfrage durch sagengeschichtliche Betrachtungsweise mit einem Nebel Mythen vergleichender Kombinationen umgeben; drittens habe die Verquickung der Frage der albanischen Ethnogenese mit der Frage der rumänischen Ethnogenese erstere in den Wirrwarr der Hypothesen über die Heimat des rumänischen Volkes mit hineingerissen. Die Vertreter der mösischen Rumänenheimat plädierten für das südlich der Donau liegende Serbien und Bosnien, diejenigen der dakischen Rumänenheimat für das nördlich der Donau liegende Siebenbürgen als die Heimat der Albaner. Die Frage nach dem ursprünglichen Siedlungsgebiet der Albaner müsse jedoch in jedem Fall gesondert behandelt werden.[34]; viertens kritisierte Stadtmüller die Einseitigkeit der Betrachtungsweise, da sich jede Wissenschaftssparte, ob Volkskunde, Sprachwissenschaft oder Geschichte, einzeln der Frage der albanischen Ethnogenese nähere und niemals von der Gesamtheit der Forschungsergebnisse ausgehe; als fünften Punkt seiner Kritik an der methodischen Lösung des Problems führte Stadtmüller die verhängnisvolle Verquickung der Frage nach dem Siedlungsgebiet mit der Abstammungsfrage an.[35] Demnach setzten sich die Vertreter der illyrischen Abstammungshypothese für das Autochthonentum der Albaner ein und die Vertreter der thrakischen Abstammungshypothese für die Einwanderung der Albaner aus dem östlich gelegenen Sprach- und Siedlungsgebiet der Thraker. Diese Beweisführungen seien jedoch nicht berechtigt, weil die Abstammungsfrage nicht mit Sicherheit entscheidbar und die illyrisch-thrakische Sprachgrenze aus antiker Zeit nicht bekannt sei.[36]

            Etwa Mitte des 20. Jahrhunderts kamen neue Theorien zur Frage der albanischen Ethnogenese auf. Unter ihnen dominierten die bereits zu Beginn der Vierzigerjahre entwickelte "Stadtmüller-Theorie"[37] (illyrische oder thrakische Abstammung der Albaner und Einengung ihres autochthonen Gebiets auf die schwer zugänglichen Berge des Matigebiets) und die Mitte der Sechzigerjahre von der albanischen Wissenschaft aufgestellte „Albanische Theorie“[38] (illyrische Abstammung und Autochthonie der Albaner in ihren heutigen Wohnsitzen), welche aber bereits wieder in einzelnen Punkten überholt sind.

            In seinem Buch "Forschungen zur albanischen Frühgeschichte" unternahm Stadtmüller die Beweisführung zugunsten der Hypothese, dass das gebirgige Umland des Flusses Mati, gegen die Romanisierung und Slawisierung gut geschützt, nahe der griechisch-lateinischen Sprachgrenze und unter dem Einfluss Dalmatiens stehend, von wo aus es christianisiert worden sei, die Wiege der Albaner sei. Die Argumentationslinie Stadtmüllers ist folgende:[39]

            Erstens: ein Beweis dafür sei, dass die Albaner für Flora und Fauna sowie für die Weidewirtschaft über 900 Meter Seehöhe im Wesentlichen Erbwörter verwendeten (z. B. „bjeshkë“, „shpat“ und „dru“), während sie für die Zone von 600 bis 900 Meter ein Gemisch aus slawischen und ursprünglich albanischen Benennungen benützten („log“, „llog“, „rudinë“, „lëndinë“ usw.). Der Großteil der Bezeichnungen für die Talbecken und Ebenen sei hingegen von slawischer Herkunft, und der Küstenwortschatz sei stark romanisch geprägt (Stadtmüller bezieht sich hier auf Weigand).

            Zweitens: das Ausmaß des lateinischen Einflusses auf das Albanische werde von der jahrhundertelangen Symbiose zwischen den frühen Albanern und den Romanen im Römischen Reich bedingt. Daher sei die Hypothese falsch, dass die Vorfahren der Albaner während der Völkerwanderung auf den Balkan gekommen seien.

            Drittens: aus den Beziehungen zwischen dem Albanischen und dem Altgriechischen auf dem Gebiet der Lehnwörter gehe hervor, dass die Wohnsitze des frühen albanischen Volkes sich nahe der griechisch-lateinischen Sprachgrenze im Gebiet des Lateinischen befunden haben müssten.

            Viertens: die kirchlichen Ausdrücke, die das Albanische aus dem Lateinischen übernommen habe, würden eine phonetische Form aufweisen, die mit der alten romanischen Sprache in Dalmatien korrespondiere. Daher müssten die Wohnsitze der Voralbaner in der Nähe Dalmatiens und der griechisch-lateinischen Sprachgrenze gesucht werden. Dafür kämen nur die Gegenden Altserbiens und das nordalbanische Hochland in Frage.

            Fünftens: die Wohnsitze der Voralbaner umfassten ein zweifaches Gebiet: die Winterweiden in den romanisierten Ebenen und die Sommerweiden auf den Almen. Die Mundart der Voralbaner könne nur in einer unberührten Gebirgszone fern der römischen Städte und Straßen bewahrt worden sein. Altserbien (Kosovopolje, Metohia, Sandschak Novipazar) hätte aufgrund seiner Tiefebenen nicht als Sommerweidegebiet genutzt werden können. Daher könne es nicht als ein Rückzugsgebiet der Vorfahren der Albaner gedient haben. Dann bleibe allein das nordalbanische Gebirgsland übrig, das sich auf drei Regionen aufteile: die nordalbanischen Alpen, das Hochland des Drin und das Gebiet von Mati. Die nordalbanischen Alpen seien auf allen Seiten gegenüber dem Eindringen der römischen Kultur und Sprache offen gewesen. Deshalb könne man mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie völlig romanisiert worden seien. Die Lage zwischen dem Shkodraner Becken im Westen und den Landschaften Altserbiens im Osten habe das Hochland von Drin zu allen Zeiten mit viel Verkehr erfüllt. Aus diesem Grund könne es auch als Reliktzone für die Voralbaner ausgeschlossen werden. So bleibe schließlich nur mehr das Gebiet von Mati übrig. Das breite Tal des Mati biete genügend Raum für Niederlassungen. Die Gebirgsalmen, die es umgeben, dienten als reiche Sommerweiden. Das gebirgige Umland des Mati-Gebiets verwandle es in eine natürliche Festung. Der Kontakt mit der Außenwelt sei nur über beschwerliche Pfade möglich. Aus diesen Tatsachen lasse sich die Schlussfolgerung ziehen, dass in der römisch-frühbyzantinischen Zeit die Sommerweiden der Voralbaner im Gebiet des Mati gewesen sein müssten.

            Sechstens: nur in zwei Gegenden gebe es keine Spuren der Romanisierung bei den Ortsnamen: im höchsten Gebiet der nordalbanischen Alpen und im Gebiet von Mati. Was die Hochgebirgsregion der Alpen betreffe, so sei das aufgrund des feindlichen Charakters der Oberflächenbeschaffenheit gegenüber Ansiedlungen verständlich. Aber anders verhalte es sich beim fruchtbaren Gebiet des Mati, wo man die Existenz einiger lateinischer Ortsnamen erwarten könne. Ihr völliges Fehlen vergrößere die Wahrscheinlichkeit, dass das Rückzugsgebiet der alten albanischen Hirten in dieser Gegend zu suchen sei.

            Siebtens: aus der Überprüfung des römischen Straßennetzes lasse sich schlussfolgern, dass das Becken Shkodras, die albanische Küstentiefebene, das Hochland des Drin, der südliche Teil der nordalbanischen Alpen sowie die Landschaften von Metohia, Kosovopolje und des Sandschak Novipazar von römischen Straßen durchzogen und daher offen gegenüber der Romanisierung gewesen seien. Hier könnten die Sommerweiden der Voralbaner nicht gelegen haben.

            Achtens: man könne mit historischen Fakten belegen, dass das Mati-Gebiet in römisch-frühbyzantinischer Zeit nicht in die römische Provinzeinteilung integriert gewesen sei.

            Neuntens: die Region, die dem voralbanischen Volk als Wohnsitz gedient habe, sei im Wesentlichen das Viereck zwischen der Tiefebene der albanischen Küste, dem Shkumbi-Tal, dem Tal des Schwarzen Drin und dem Tal des Vereinten Drin gewesen. Als eigentliche Reliktzone der Voralbaner könne man mit Sicherheit nur das Gebiet von Mati betrachten. Im Winter hätten die voralbanischen Hirten das Vieh auf ihre Weiden in den romanisierten Tälern und Ebenen, vielleicht auch in die Gegenden Altserbiens und des Schwarzen Drin geführt. Als Sommerweiden dürften sie auch die Almen der nordalbanischen Alpen und des Hochlands des Drin, d. h. die Landstriche des Dukagjin und der Mirdita, verwendet haben.

            Die offizielle Haltung der gegenwärtigen albanischen Wissenschaft zur Stadtmüller-Theorie spiegelt sich in der vom führenden albanischen Historiker der kommunistischen Ära, Aleks Buda, getätigten Aussage wider, dass sich das Bild, das Stadtmüller in seiner Arbeit "Forschungen" von der Entstehung des albanischen Volkes zeichne, völlig von dem unterscheide, das die albanische Wissenschaft seit Ende des Zweiten Weltkriegs präsentieren könne.[40] Stadtmüllers Werk sei von dem reaktionären deutschen geopolitischen Konzept der dreißiger Jahre beeinflusst und biete bloß simple stereotype Konstruktionen, welche jeder vernünftigen methodologischen Basis entbehrten.[41]

            Die jüngste Sprachwissenschaft Albaniens findet Stadtmüllers Auffassung zu eng und nimmt für sich in Anspruch, den Beweis erbracht zu haben, dass die heutige Aussprache der aus dem Altertum übernommenen Ortsnamen mit den Regeln der albanischen Lautgeschichte erklärbar und daher nicht über slawische Vermittlung ins Albanische eingedrungen sei, woraus man wiederum folgern dürfe, dass der alte Aufenthaltsort der Albaner mit ihren heutigen Wohnsitzen übereinstimme.[42] Laut Çabej sei die These Stadtmüllers, die die Wiege der Albaner in Nordalbanien und insbesondere im Hügelland des Mati ansiedle, eine zu enge Ansicht. Diese Zone sei nur ein Teil der Wiege, die auch andere Teile des heutigen Sprachgebiets des Albanischen umfasst habe. Die heutigen Wohnsitze der Albaner seien kein Expansions-, sondern ein Rückzugsgebiet, das Ende einer ununterbrochenen Einengung während ihrer Geschichte.[43] Gemäß Buda bedeute die begrenzte Verbreitung des Lateinischen und Griechischen als Sprache der Inschriften, besonders im Zusammenhang mit den oberen Gesellschaftsschichten, nicht, dass ethnische Veränderungen, die die ganze Bevölkerung erfasst hätten, sondern Prozesse der Akkulturation einer bestimmten oberen Schicht erfolgt seien.[44]

            Die Ansicht Stadtmüllers bestritt auch Tagliavini als eine Theorie, die auf negativen Argumenten basiere, indem er hervorhob, dass kein einziges positives Argument zu deren Beweisführung herangezogen werde. Cimochowski akzeptierte im Prinzip die These Stadtmüllers, außer dass das Gebiet, wo sich die albanische Sprache formiert habe, aufgrund des Einflusses des Albanischen auf das Rumänische sich weiter ausgedehnt habe, über die Grenzen dieser Zone hinaus in Richtung der alten Stadt Naissos, des heutigen Niš in Serbien.[45]

            Die albanische Wissenschaft vertritt den Standpunkt, dass, ausgehend von einer nicht wesentlich ausgeprägten Romanisierung und Slawisierung – außer in den Städten –, die Albaner direkt von den Illyrern abstammten, und dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der alten illyrischen und der heutigen albanischen Sprache gebe. Zur Untermauerung dieser Illyrischen These werden von ihr historische, sprachwissenschaftliche, archäologische und ethnographische Argumente ins Treffen geführt.

            Als ein klassisches historisches Argument zählt die Charakterisierung des südillyrischen Königreichs als eine ethnisch einheitliche Gemeinschaft, auf deren Basis die mittelalterlichen "Arbër" (= Albaner) ihre Fortsetzung gefunden hätten.[46] Einerseits sei nicht bekannt, ob die Albaner später in ihre heutigen Siedlungsgebiete eingewandert seien, andererseits seien hier in der Antike die Illyrer gewesen. Diese beiden Umstände gemeinsam sprächen für eine ethnische und sprachliche illyrisch-albanische Kontinuität. Ein ethnographisches Argument füge sich reibungslos in dieses Bild: das alte differenzierte und mit einem neuen Inhalt versehene Erbe steche in der materiellen, geistigen und künstlerischen Kultur, in der Kleidung, den Ornamenten, den Tänzen und der Musik, in den Institutionen des Gewohnheitsrechts usw. hervor.[47] Das Stillschweigen der zeitgenössischen lateinischen und griechischen Quellen bezüglich der Nachfahren der alten illyrischen Bevölkerung erklärt Buda anhand der Logik der historischen Situation selbst, die es verständlich mache, „warum die schriftlichen Quellen die verschiedenen Stämme aufzeichnen, auch die kleinen, die sich auf den Territorien der alten autochthonen Bevölkerungen niederlassen, weil sie nämlich mit den Wanderungen, Zerstörungen und Veränderungen, die sie mit sich bringen, eine Gefahr von politisch-militärischem Charakter für die byzantinische Staatsmacht darstellen, während dieselben Quellen sich über die alte eingesessene Bevölkerung ausschweigen, die unter diesen Umständen keinen Anlass gibt, erwähnt und gesondert unter den Bevölkerungsmassen des Kaiserreiches, die diese Überschwemmungen erleiden, hervorgehoben zu werden.“[48]

            Am häufigsten sind die archäologischen und sprachwissenschaftlichen Argumente. Die albanischen archäologischen Forschungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts würden die Übereinstimmung des Siedlungsgebiets der späteren Albaner mit demjenigen der alten südillyrischen Bevölkerung bezeugen und den klaren Beweis für die Existenz einer einheitlichen Kultur liefern, welche sich auf der Grundlage einer sehr alten autochthonen vorrömischen Kultur gebildet habe.[49]Die Ergebnisse der sprachwissenschaftlichen Forschung der Albaner würden ein reichhaltiges Instrumentarium zur Verteidigung der Autochthonie ihres Volkes in ihrem heutigen Siedlungsraum bieten. Es gebe zahlreiche Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten zwischen illyrischen und albanischen Wörtern, ebenso in der Wortbildung und im phonetischen System.[50] Weiters werden das Vorhandensein altgriechischer Lehnwörter im Albanischen, die Bewahrung illyrischer Orts- und Eigennamen bis in die heutige Zeit und die Existenz einer relativ reichhaltigen albanischen Meeresterminologie hinsichtlich der Flora, der Fauna, der Schifffahrt und des Fischfangs angeführt. Buda fasst die Ergebnisse dieser interdisziplinären Argumente folgendermaßen zusammen: „Selbst die Analyse des alten Erbwortschatzes des Albanischen und seiner aus dem Lateinischen entlehnten Elemente gemeinsam mit den wichtigen Daten der mittelalterlichen Archäologie, aber auch der Paläoanthropologie beweist, dass wir es bei den mittelalterlichen Albanern mit einer Bevölkerung zu tun haben, die von alters her ein sesshaftes, entwickeltes Leben mit Landwirtschaft, Viehzucht und Handwerk in einem Milieu führt, das das bürgerliche Leben kennt. Dafür sprechen die häufigen archäologischen Funde nicht nur in ebenen und hügeligen Regionen, sondern auch in inneren Gebirgsgegenden; diese bestätigen in überzeugender Weise, dass der Prozess der albanischen Volkswerdung sich nicht unter Bedingungen des wirtschaftlich-sozialen Stillstands oder Rückschritts vollzog, sondern unter Voraussetzungen einer relativen Entwicklung trotz der Folgen aus den zerstörerischen Wanderungen und Eroberungen der fremden Völkerschaften.“[51]

            Das sprachliche Mittel, das nach Ansicht Çabejs in der Lage sei, das Dunkel um die Frage der albanischen Ethnogenese zu erhellen, sei die historische Toponymie Albaniens. Es gehe dabei um eine chronologische Schichtung der Ortsnamen. Dafür kämen die Städtenamen in Betracht, die gewöhnlich langlebiger seien, die Flussnamen im Allgemeinen, die Gebirgs- und Tälernamen usw.. Es würden die Bezeichnungen der Städte, Flüsse, Berge usw. des alten Albanien hergenommen, so wie die griechischen und römischen Autoren sie verwendet hätten, und mit ihren heutigen Formen verglichen, wodurch überprüft werden könne, ob die letzteren die Fortsetzung der ersteren in Übereinstimmung mit der historischen Phonetik des Albanischen seien. Wenn die heutigen Formen sich nicht in Kongruenz mit der Entwicklungslinie des Albanischen erklären ließen, dann habe die heutige Bevölkerung diese Namen von einer anderen übernommen, mit anderen Worten, dann sei sie in diese Gebiete zugewandert. Die vergleichende Analyse der Toponomastik in dieser Hinsicht ergebe laut Çabej, dass die heutigen Formen dieser Ortsbezeichnungen mittels der Phonetik des Albanischen erklärbar seien. Also statt als ein Dokument gegen die Autochthonie zu dienen, bezeugten sie in klarer Weise, dass in diesen Gegenden das albanische Element spätestens seit der griechisch-römischen Epoche ohne Unterbrechung vertreten sei. Als Beispiele unter anderen führt Çabej an „Naissus: Nish“, „Scupi: Shkup“; „Scodra: Shkodër“, „Lissus: Lezhë“, „Dyrrachium: Durrës“, „Drinus: Drin“ und „Mathis: Mat“. Für einige dieser hier erwähnten Ortsnamen fände sich auch das Zwischenglied des Mittelalters, das die Form der Antike mit der heutigen verbinde, z. B. der Name des Flusses „Isamnus: 1302 Ysamo: 1621 bei Pjetër Budi Ishëmi: Ishm“.[52]

            Die Methoden und Ergebnisse der albanischen Wissenschaft bezüglich der Erforschung der Frage der albanischen Ethnogenese wurden von Bernhard Tönnes einer eingehenden Kritik unterzogen, die man mit dem folgenden Zitat desselben zusammenfassen kann: „Der ... 'wissenschaftliche' Nachweis der illyrischen Herkunft der Albaner kann zwar eine sehr große Plausibilität für sich beanspruchen, doch reichen die vorhandenen Quellen (schriftliche Überlieferungen, archäologische Funde u. dgl. m.) nicht aus, um einen einwandfreien Beweis im Sinne der Wissenschaft führen zu können ... Alle illyrischen Eigennamen sind durch griechische und römische Quellen vermittelt worden. Es ist indes nicht abzuschätzen, in welcher sprachlichen Exaktheit und nach welchen Kriterien die griechischen und römischen Autoren die ihnen fremden illyrischen Namen in ihre Schriften transkribiert haben, so dass Schlussfolgerungen in Bezug auf das Albanische, das erst seit 1555 schriftlich belegt ist, sehr fragwürdig sind ... Abgesehen von diesen Eigennamen ist in den antiken Quellen kein einziges Wort überliefert, das zweifelsfrei dem Illyrischen zugerechnet werden könne. Die illyrische Herkunft der Albaner ließe sich indes erst dann mit Hilfe der Sprachwissenschaft einwandfrei nachweisen, wenn zumindest ein kompletter illyrischer Satz überliefert wäre.“[53] Çabej selbst hatte Tönnes’ ernüchternde Feststellung bereits ein paar Jahre zuvor im dritten Band seiner “Studime gjuhësore“ für die damaligen inneralbanischen Verhältnisse Mitte der Siebzigerjahre erstaunlich selbstkritisch vorweggenommen: „Die Quellen, die uns von der illyrischen Sprache überliefert sind, sind äußerst dürftig. In erster Linie die Orts- und Personennamen, in systematischer Weise von Hans Krahe gesammelt. Dann einige Glossen, d. h. einige Wörter, die uns die antiken Autoren mit den betreffenden griechischen und lateinischen Bedeutungen hinterlassen haben. Inschriften vom Illyrischen des Balkans haben wir bis heute keine gefunden ... Wir haben Inschriften der (illyrischen) Messaper in Apulien ... Keine einzige ganze Inschrift haben wir von der Sprache, die in den albanischen Gegenden der Antike gesprochen wurde ... Eine solche Inschrift könnte das Problem der Herkunft des Albanischen auf der Stelle lösen.“[54]

            Doch es gibt auch nichtalbanische Teilbefürworter der albanischen Sicht bezüglich der albanischen Ethnogenese. Z. B. der Grazer Historiker Karl Kaser, sich in seinen Schlussfolgerungen vor allem auf Géza Alfőldy[55], Zdenko Vinsky[56] und Vladislav Popović[57] stützend, sieht in den heutigen Albanern die Nachkommen der nicht romanisierten illyrischen Restbevölkerung und in den so genannten Vlachen die Nachkommen der romanisierten Illyrer in den Städten und im Küstengebiet, die zum Großteil im 6. Jahrhundert vor der Slaweninvasion in die Gebirgsregionen geflüchtet seien und dort die Wanderweidewirtschaft von der illyrischen Urbevölkerung übernommen hätten.[58] Um seine Ansicht zu stützen, führt er Resultate der albanischen Archäologie und Sprachwissenschaft ins Feld. Der archäologische Befund besage, dass aus den Funden des 7. und 8. Jahrhunderts zwei zwar nicht deutlich trennbare, so aber doch unterschiedliche Kulturen zu identifizieren seien. Die eine sei die voralbanische Kulturstufe vom Typ Komani-Kruja[59]. Die zweite stamme offensichtlich von den Resten der romanisierten Bevölkerung. Die Slawen hätten die Ebenen und Täler in Besitz genommen; die romanischen Siedler oder Vlachen hätten in tieferen, die nicht romanisierten Protoalbaner in den höheren Gebirgszonen gelebt.[60] Die Fundstätten der "Koman-Kultur" – so benannt nach dem ersten Fundort in der Region Puka – seien über ganz Albanien verbreitet. Es handle sich dabei um Gräberfelder der altansässigen Bevölkerung aus dem 7. und 8. Jahrhundert. Das Aufgefundene weise einerseits zu den Illyrern zurück und andererseits auf eine Weiterentwicklung des illyrischen Musters hin. Es bestehe kein Zweifel, dass die Träger dieser Koman-Kultur mit ihren speziellen Fibeln, Ringen, Anhängern usw. Illyrer gewesen seien, die nur sehr oberflächlich romanisiert worden wären.[61] Die slawische Zuwanderung sei im albanischen Bereich bereits sehr schwach gewesen, weshalb die albanische Gesellschaft nicht nur aus nomadisierenden Viehhaltern bestanden habe, sondern auch aus einer sesshaften Dorf- und Stadtbevölkerung mit einer entwickelten Land- und Viehwirtschaft und einem florierenden Handwerk. Die Formierung des albanischen Ethnos habe sich demnach nicht unter den Bedingungen einer sozialen und ökonomischen Stagnation oder Regression, sondern unter jenen einer relativen Weiterentwicklung vollzogen. Einerseits sei in der Spätantike die geistige und materielle Kultur der Illyrer erhalten geblieben, andererseits hätten sich auf dieser uralten Grundlage die ersten Besonderheiten eines langsam sich formierenden albanischen Volkes herausentwickelt. Die definitive Herausbildung des albanischen Ethnos sei in der Zeit zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert erfolgt, wo die Unterscheidung zwischen verschiedenen Stämmen und Dialekten aufgehört und eine territoriale Gemeinschaft des als „Arbër“ bezeichneten Volkes begonnen habe. Neuere Forschungen zeigen allerdings, dass sich aus den Funden der konstruierten Koman-Kultur, welche das Bindeglied zwischen Illyrern und den Arvaniten des 11. Jahrhunderts bilden soll, vor allem der materielle Einfluss der byzantinischen Kultur ablesen lässt.[62]

            Für Aufsehen innerhalb der Albanienwissenschaft sorgte das 1994 erschienene Werk des Freiburger Historikers Gottfried Schramm über die Anfänge des albanischen Christentums[63], worin er nach Jahrzehnten unverhofft mit einer auf den ersten Blick neuen Theorie zur "albanischen Frage" aufwartet. Er spricht sich gegen die Autochthonie und das Illyrertum der Albaner aus und versucht, ihre Einwanderung aus der Mitte der Balkanhalbinsel in ihre heutigen Wohnsitze vermutlich zu Beginn des 9. Jahrhunderts mit philologisch-historischen Mitteln zu beweisen. Schramms Hypothese setzt sich aus einer langen Folge von Einzelbehauptungen zusammen, die sich großteils auf sprachhistorische Indizien stützen.

            Bei den Vorfahren der heutigen Albaner handle es sich um jene im Gebirge lebenden thrakischen Ethnien, die die Griechen und Römer seit der Kaiserzeit unter dem Sammelnamen "Bessen" zusammengefasst hätten.[64] Der ursprüngliche Stamm, der den Namen gegeben habe, habe seine Heimat im Quellgebiet der Marica, nahe des höchsten Berges Musala, gehabt. Das Siedlungsgebiet aller später unter diesem Namen zusammengefassten Hirtenstämme sei die zentrale balkanische Gebirgsgruppe, d. h. die westliche Balkankette, die Rila, die westlichen Rhodopen und das Piringebirge, also im Großen und Ganzen die von Kaiser Aurelian in den Siebzigerjahren des 3. Jahrhunderts errichtete römische Provinz Dacia mediterranea gewesen.[65] Die Christianisierung der Bessen sei bereits in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts durch den in der Stadt Remesiana ansässigen Bischof Niceta erfolgt.[66] In der Folge hätten die Bessen eigene Klöster erbaut, eigene Mönche als Missionare gestellt und sollten sogar eine eigene Kirchensprache gehabt haben. Aufgrund der slawischen Landnahme im 6. und 7. Jahrhundert sei die romanische Bevölkerung aus den Städten ins umliegende Gebirge geflohen, wo sie mit den dort wohnenden Bessen eine Symbiose eingegangen sei, von der sprachliche Übereinstimmungen des Albanischen und Rumänischen zeugen würden, und von ihnen die transhumane Weidewirtschaft übernommen habe.[67] In den nächsten Jahrhunderten sei es nur zu einer teilweisen slawischen Assimilierung der Bessen gekommen. Am Anfang des 9. Jahrhunderts seien sie der Christenverfolgung durch die heidnischen Bulgaren ausgesetzt gewesen, was denjenigen Teil der Bessen, der wahrscheinlich nur westlich der Gipfelkette gewohnt habe, nach dem Friedensvertrag 816/17 zwischen Byzanz und den Bulgaren zur Abwanderung nach Westen bewogen haben soll.[68] Den Bessen sei das Bergland Arbanon zwischen den Flüssen Shkumbi und Mati zur Absicherung der byzantinischen Küstenfestung Dyrrachion gegen bulgarische Angriffe vom Osten zugewiesen worden. Die Zuwanderer hätten den Namen "Arbaniten" bekommen und seien durch den griechisch-orthodoxen Bischof in Kruja betreut worden, weshalb die bessische Lithurgie eine Gräzisierung erfahren habe.[69] Die im zentralen Balkangebirge zurückgebliebenen Bessen hingegen seien irgendwann slawisiert worden.

            Schramm zeichnet sich durch die historische Auswertung des philologischen Materials, in diesem Fall der Lehnortsnamen, für die Erhellung der quellenarmen Abschnitte der Spätantike und des Frühmittelalters aus. Er bringt mehrere philologische Belege dafür, dass die Albaner in ihrem heutigen Siedlungsgebiet nicht autochthon sein können. Indem er sprachwissenschaftliche Vergleiche anführt, zeigt er auf, dass das Albanische schon vor der Berührung mit dem Lateinischen eine Satemsprache gewesen sein müsse, d. h. dass es nicht die Tochtersprache des kentumsprachlichen Illyrischen sein könne. Die insgesamt rund dreißig bis heute als sicher geltenden altgriechischen Lehnwörter im Albanischen würden nicht ausreichen, um eine jahrhundertelange Nachbarschaft der Uralbaner – in diesem Fall wären sie Illyrer – mit den hellenischen Stadtgründungen zu beweisen.[70] Außerdem lasse das Albanische gotische Lehnwörter vermissen, obwohl die Goten 130 Jahre lang an der nordalbanischen Küste geherrscht hätten. Weiters greift er auf das schon von Weigand angeführte Argument zurück, dass die albanische Terminologie für Seefahrt, Fischerei und Meeresfauna hauptsächlich aus dem Romanischen stamme, weshalb der Küstenstreifen des albanischen Nordens nicht als Aufenthaltsort der Uralbaner in Frage käme.[71] Der frühe Übertritt der Bessen zum Christentum und die Bewahrung ihres Glaubens würden erklären, weshalb das Albanische als einzige "Barbarensprache"[72] des antiken Südosteuropas bis in die Gegenwart überlebt habe.

            Wie schon so mancher seiner Vorgänger verknüpft er die Frage der albanischen Ethnogenese mit der Frage der rumänischen Ethnogenese: es gebe philologische Beweise dafür, dass die Vorfahren der heutigen Rumänen eine längere Zeit mit den Uralbanern in enger Symbiose gelebt hätten. Als Region kämen dafür nur die bereits oben erwähnte westliche Balkankette, die Rila, die Rhodopen und das Piringebirge in Frage. Diese Theorie steht in der Tradition von Weigand, der These der gemeinsamen Heimat der Vorfahren der Rumänen und jener der Albaner, und der serbischen Richtung z. B. eines Ivan Popović, der sich für die Zuwanderung der Albaner in ein zuvor weitgehend slawisch besiedeltes Albanien ausspricht.[73]

            Schramms Vorwurf an die Autochthonisten, dass sie sich oft von ihren Gefühlen leiten ließen, möchte man nach eingehender Lektüre dieses gewiss interessanten, aber in manchen Abschnitten beinahe abenteuerlichen Buches am liebsten an seinen Autor zurückgeben. Die Belege für sich klingen einleuchtend, doch sie sind dennoch keine stichhaltigen Beweise. So liefert Schramm bezüglich der Abwanderung der Bessen bloß Vermutungen, aber keine Fakten, die deren Abzug aus dem zentralen Balkan bestätigen würden. Weiters muss man ihm die Außerachtlassung der reichen archäologischen und ethnographischen Daten – besonders albanischerseits – für die Antike und das Frühmittelalter in Südosteuropa zum Vorwurf machen. Was ist schließlich aus den illyrischen Stämmen im heutigen albanischen Siedlungsgebiet geworden? Sind sie restlos romanisiert und slawisiert worden, oder gibt es ernsthafte Hinweise darauf, dass manche unter ihnen in bestimmten Gebieten bis in die Gegenwart überdauern konnten? Schramm hätte wenigstens darauf eingehen sollen.

            Ob reine Hypothesengespinste oder aufgedeckte historische Wahrheit: auf jeden Fall hat die Schrammsche These der bessischen Herkunft der Albaner, die im Grunde nur eine neue Variante der Weigandschen Zuwanderungsthese ist, die Diskussion wieder angeheizt, mit alten und neuen Argumenten, aber wohl ohne die letztendlich notwendigen stichhaltigen Beweise liefern zu können, die entweder den Autochthonisten oder den Anhängern der Zuwanderungsthese Recht geben würden. Im albanischen Raum ist die Persistenz des illyrischen Ansatzes mit ihrer jüngsten Wiederanreicherung durch „pelasgische“ Elemente zu beobachten. Mediale Debatten rund um die Überblickswerke von Schmitt[74] und das Kosova-Buch des Journalisten Jusuf Buxhovi[75] haben für Furore gesorgt. Buxhovi äußert sich im ersten, der Antike und dem Mittelalter gewidmeten Band, auf Hahns Pelasgerthese zurückgreifend, in teilweise haarsträubender Weise über die Pelasger und Illyrer[76] und bleibt dabei von kosovarischen Historikern so gut wie unwidersprochen, abgesehen von der löblichen Kritik von Seiten der Vertreter des Albanischen Instituts in St. Gallen, Albert Ramaj, Nuri Bexheti und Xhemal Ahmeti, welche Buxhovi in einer mehrseitigen Stellungnahme[77] vorwerfen, unwissenschaftlich zu arbeiten und zu versuchen, durch Quellenmissbrauch, Übernahme von fremden Texten und Falschinterpretationen eine Geschichte zu erzählen, die größtenteils erfunden sei. Man kann diese traurige Angelegenheit nicht besser als mit Clewings folgenden Worten auf den Punkt bringen: „Die Zeit scheint partiell stillgestanden, wenn man demgegenüber im Jahr 2012 erleben konnte, wie genau diese pelasgisch-illyrische These zu einem von Phantastereien strotzenden Kernelement des größten Historien-Markterfolgs in Kosovo werden konnte … Wo aber Historiker nichts Wesentliches zu sagen finden, ist in historischen Fragen der intellektuellen Selbstentblößung selbst von Menschen, die im eigenen Fach renommiert sind, aber zu geschichtlichen Themen lieber nicht schreiben sollten, erst recht keine Grenze gesetzt, und die in den betroffenen Ländern theoretisch für höchste Wissenschaftlichkeit zuständigen Institutionen entblößen sich gleich mit.“[78]

            Die Worte Çabejs vor mehr als dreißig Jahren scheinen auch heute noch ihre Gültigkeit zu haben: „... in objektiver Sicht würde man sagen, dass einige Seiten erhellt, einige Punkte geklärt worden sind, doch im Kern bleibt diese Frage bis heute ungelöst... Mit anderen Worten, das Thrakische und das Illyrische sind für uns fast unbekannte Sprachen, sodass das Wenige, was wir über sie wissen, uns nicht dabei hilft, eine Ahnung von ihrer Struktur zu bekommen. Aber auch das Albanische ist erst seit jüngster Zeit bekannt. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob die Aussicht einer Klärung des Problems in der Zukunft existiert, mit den Möglichkeiten der Bereicherung des Materials, aber auch mit der Verbesserung der Arbeitsmethode verbunden.“[79] Vielversprechende Forschungen in dieser Richtung werden in jüngster Zeit von Vertretern der Historischen Sprachwissenschaft angestellt, welche nun eine völlig neue, ja überraschende Perspektive, einen dritten Standpunkt eröffnen, den wir bereits eingangs erwähnt haben: die Herkunft des Albanischen von einer unbekannten altbalkanischen Sprache.

            Ihre Argumentationslinie[80] ist zusammengefasst wie folgt: Das Albanische sei trotz des hohen Anteils an lateinischen Lehnwörtern keine halbromanische Sprache und der Einfluss des Altgriechischen nur bescheiden. Daher hätten die frühen Albaner nördlich der sogenannten Jireček-Linie[81], der Trennung des Bereichs der lateinischen und griechischen Inschriftensprache auf dem Balkan mit Verlauf durch das heutige Mittelalbanien, in jenem Teil des Balkans, wo Latein Verwaltungssprache war, gesiedelt. Der fehlende maritime Erbwortschatz sowie der eigene Wortschatz für Tiere und Pflanzen im Hügelland und Bergland, während für jene des Flachlands viele Begriffe aus dem Slawischen übernommen worden seien, würden darauf hinweisen, dass die frühen Albaner der Antike nicht am Meer gelebt hätten. Im Weiteren lasse der slawische Einfluss in den Bereichen Landwirtschaft und Verwaltung die Vermutung zu, dass die Albaner im frühen Mittelalter nicht in Ebenen gesiedelt hätten. Zahlreiche gemeinsame Begriffe mit dem Aromunischen (Sprache der balkanromanischen Hirten) und Dakorumänischen (heutiges Rumänisch) in der Viehzucht würden die Frage aufwerfen, wo die heute räumlich getrennten Albaner und Rumänen in der Spätantike gemeinsam gesiedelt haben. Die Teilhabe am sogenannten Balkansprachbund der untereinander nicht näher verwandten Sprachen (Albanisch, Dakorumänisch, Aromunisch, Bulgarisch, torlakischer Dialekt des Serbischen) mit ihren gemeinsamen strukturellen Merkmalen wie z. B. dem nachgestellten Artikel und dem Schwinden des Infinitivs (im Albanischen nur im Toskischen) sei ein Beleg für das jahrhundertelange enge Zusammenleben der Sprecher dieser Sprachen. Die Erforschung der Flurnamen zur Beantwortung der Fragen, ob in der Antike belegte Namen die Lautveränderungen der albanischen Sprache nachvollzogen haben, ob Albaner Namen auf ihrem heutigen Siedlungsgebiet aus anderen Sprachen entlehnt haben, und ob zuwandernde Slawen Namen aus dem Uralbanischen übernommen haben, würden das Resultat liefern, dass um 150 v. Chr. küstennahe Namen im heutigen Nordalbanien aufgenommen worden seien und sich diese Raumkenntnis langsam nach Süden ausgedehnt habe, um 400 n. Chr. nach Durrës und um ca. 700/800 bis zum Shkumbin, was wiederum bedeute, dass die damaligen Albaner zwar nicht unbedingt dort gelebt haben müssten, aber doch immerhin einen Bezug zur Existenz dieser Orte gehabt hätten. Die Befunde aus der Untersuchung von Sprache und Ortsnamen würden folgendes provisorisches Bild ergeben:

1)     die Uralbaner hätten in der Antike im lateinisch verwalteten Balkan, nördlich der Jireček-Linie, gesiedelt;

2)     es habe einen langen und engen Kulturkontakt im inneren Balkan mit vollständig romanisierten altbalkanischen Bevölkerungsteilen, den Urrumänen und Uraromunen, gegeben;

3)     das Vordringen der Slawen habe zum Rückzug dieser romanisierten römischen Provinzbewohner seit dem 6. Jahrhundert in höhere Lagen, wo sie Viehzucht betrieben hätten, geführt;

4)     die Wiedererrichtung der römischen-byzantinischen Herrschaft habe zum Vordringen der Hirten in tiefere Lagen ab dem 9. Jahrhundert, wo sie von den Slawen Wortschatz der dortigen Fauna und Flora und des Ackerbaus und der Verwaltung übernommen hätten, geführt;

5)     ungeklärt sei, ob die Uralbaner in der Antike im heutigen Südalbanien gelebt haben, das im Frühmittelalter besonders stark slawisiert worden sei.

Abschließend wollen wir näher auf die Arbeiten der Wiener Sprachwissenschaftler Joachim Matzinger[82] und Stefan Schumacher[83] eingehen, die stellvertretend für diese neue Position stehen und die erste vollständige Darstellung des altalbanischen Verbalsystems in Form eines Belegwörterbuchs[84] verfasst haben. Matzinger macht darauf aufmerksam, dass die Toponyme und Hydronyme Albaniens sowohl von Vertretern der Autochthoniethese als auch deren Kritikern zur Beweisführung für oder aber gegen eine lineare illyrisch-albanische Kontinuität ins Feld geführt würden.[85] Nach der beispielhaften sprachwissenschaftlichen Analyse von drei ausgewählten Benennungen (Shkodër, Durrës und Shkumbi)[86] zählt er die Argumente gegen die Autochthoniethese auf: die Analyse der albanischen Topo- und Hydronyme ergebe den eindeutigen Befund, dass die antiken Namen nicht mit den ältesten Lautgesetzen des Albanischen, also den Lautgesetzen der Erbwörter, vereinbar seien; bei der Übernahme der altgriechischen Lehnwörter handle es sich um sehr wenige und auf ganz bestimmte Kategorien beschränkte Lexeme; die sehr enge innerbalkanische Symbiose von Protoalbanern und Protorumänen im Rahmen gemeinsamer Lebensführung als Wanderhirten habe zu lexikalischen und strukturellen Übereinstimmungen mit dem späteren Rumänischen geführt.[87] Aufgrund dieser Erkenntnisse der historischen Sprachwissenschaft könnten die Albaner keine Autochthonen sein, vielmehr müsse es sich bei ihnen um Migranten aus den innerbalkanischen Regionen handeln.

In der Folge geht Matzinger auf die Frage der Lokalisierung des Herkunftsterritoriums ein.[88] Zwei Umstände würden die Suche nach dem Ursprungsgebiet erschweren: erstens sei die Lebensführung altbalkanischer Populationen als Wanderhirten mit hoher Mobilität verbunden gewesen und lasse sich Fernweidewirtschaft schwer mit einem zentralen Ursprungsgebiet vereinbaren; zweitens sei es ungewiss, ob die Analyse von sprachlichen Zeugnissen in der Lage ist, das Dunkel der schriftlosen Vorgeschichte zu erhellen. Die Ethnogenese – d. h. das Aufkommen eines ethnischen Bewusstseins aufgrund der Zusammengehörigkeit durch soziale, kulturelle, religiöse, ökonomische und wohl auch sprachliche Merkmale – der Albaner sei wahrscheinlich im 5. bis 6. Jahrhundert von der Sprache unabhängig im nördlichen Albanien als eine Reaktion auf die slawische Landnahme erfolgt. Die Region Mat und die Hochgebirgslagen Nordalbaniens könnten als älteres albanisches Habitat bzw. als Rückzugsgebiet mit Kontaktmöglichkeiten zu den Ebenen hin betrachtet werden, und zwar aus folgenden Gründen: das Toponym Mat könne problemlos als „Berg(land)“ aus dem Albanischen heraus erklärt werden; die Region Mat weise nur recht wenige slawische Toponyme auf, sei aber selbst von zahlreichen slawischen Ortsnamen umgeben. Nur unter solchen Voraussetzungen sei es möglich gewesen, einerseits die ererbte Sprache zu bewahren und andererseits über den Kontakt mit den Slawen eine große Zahl von slawischen Lehnwörtern aufzunehmen, ohne einer vollständigen sprachlichen Slawisierung zu unterliegen. Von einem solchen Rückzugsgebiet hätten sich diese albanischsprachigen Gruppen später in die slawisierten Ebenen ausbreiten und dort dauerhaft niederlassen können.

Zur Frage der albanischen Sprache meint Matzinger, dass er bezweifle, ob es zwingend sei, das Albanische mit einer der beiden dokumentierten Sprachen altbalkanischer Ethnien wie der Illyrer oder der Thraker zu identifizieren.[89] Es sei nämlich denkbar, dass das Albanische die Kontinuante eines der nicht überlieferten balkanindogermanischen Idiome sei. Untersuchungen in der historischen Sprachwissenschaft hätten gezeigt, dass das Albanische gemeinsam mit dem Griechischen, Phrygischen und Armenischen zum Balkanindogermanischen, einer indogermanischen Subgruppe, gehöre. Diese vorhistorische Kommunikationsgemeinschaft in einem balkanischen Konvergenzareal, dem wahrscheinlich auch die bekannten altbalkanischen Idiome wie Illyrisch, Dakisch und Thrakisch angehört hätten, sei so benannt worden, weil die Mehrzahl dieser Sprachen in historischer Zeit auf dem Balkan oder in seiner geographischen Nachbarschaft bezeugt gewesen seien. Die Frage nach der Herkunft des Albanischen verschiebe sich demnach auf eine noch viel frühere Zeitstufe.

Matzingers Abschlussbefund fällt dahingehend aus, dass die Autochthonie und die damit indizierte Deszendenz der Albaner von den antiken Illyrern aus folgenden Gründen nicht bestätigt werden könnten:

1)     das aus der Antike überlieferte Sprachmaterial des Illyrischen sei viel zu ungenügend, um definitive Aussagen zu ermöglichen;

2)     die Toponomastik Albaniens widerlege die lineare illyrisch-albanische Kontinuität; die Orts- und Flussnamen Albaniens zeigten keine kontinuierlich-erbwörtliche Lautbehandlung, sondern unterlägen Lautentwicklungen, die einer späteren Zeitstufe in der albanischen Sprachgeschichte angehörten, wie es die Evidenz der lateinischen Lehnwörter bezeuge;

3)     es gebe zwischen dem Albanischen und Rumänischen lexikalische und strukturelle Übereinstimmungen, die für enge Kontakte der betreffenden Sprecher in deren beider Vorgeschichte sprächen;

4)     die albanische Ethnogenese sei erst im 5. bis 6. nachchristlichen Jahrhundert in Nordalbanien erfolgt;

5)     es gebe sprachliche Hinweise dafür, dass eine frühe Vorstufe des Albanischen mit einigen anderen indogermanischen Sprachen in einem engen Kontaktverhältnis im Rahmen eines wahrscheinlich auf dem Balkan lokalisierbaren vorhistorischen Konvergenzareals gestanden habe, in dem sehr wahrscheinlich auch die antiken Balkanidiome zu verorten seien; daher seien allfällige sprachliche Übereinstimmungen zwischen diesen indigenen Sprachen (wie das bezeugte Illyrische, Thrakische oder Dakische) und dem Albanischen nicht mehr zwangsläufig einzig und allein im Rahmen eines Deszendenzmodells zu verstehen.[90]

Fazit: Die historische Sprachwissenschaft gebe eine zuverlässige Antwort auf die Frage nach der Abstammung der Albaner und der Herkunft des Albanischen. Die Albaner in ihren historisch dokumentierten Wohnsitzen seien nach Ausweis der Toponymie Albaniens Zuwanderer aus dem inneren Balkan.[91]

Die albanische Forschung lehnt diese Vorstellung fast völlig ab.[92] Sie weist dabei auf die sprachliche Verwandtschaft zwischen dem Albanischen und Messapischen (im antiken Apulien gesprochene Sprache) hin. Dieser transadriatische Sprachkontakt sei nur zustande gekommen, weil die Uralbaner im heutigen Albanien gesiedelt hätten. Dagegen wird von nichtalbanischer Seite eingewandt, dass die Messapier sehr wahrscheinlich aus dem Balkan nach Apulien eingewandert seien und der Sprachkontakt daher auch im inneren Balkan stattgefunden haben könnte. Nichtsdestotrotz beharrt die albanische Forschung darauf: die Verbreitung des Albanischen sei mit dem ehemaligen illyrischen Siedlungsgebiet identisch, denn es gebe keinerlei Hinweise auf massive Wanderungsbewegungen in historischer Zeit. Zahlreiche Ortsnamen würden den kontinuierlichen Gebrauch durch Albanischsprachige belegen, besonders die kleinräumigen Flurnamen sprächen gegen eine Verdrängung der Albaner durch Slawen. Der Rückzug von der Küste habe zwar den Verlust des maritimen Eigenwortschatzes bewirkt, doch die Albaner hätten ihn bei einer erneuten Berührung mit dem Meer vor allem aus romanischen Sprachen wieder erlernt. Und der altgriechische Einfluss auf das frühe Albanisch sei sowieso gut nachweisbar.

            Seit ein paar Jahren scheint in einschlägigen Albanologenkreisen der Ruf nach einer allein inter- und transdisziplinär zu entwickelnden integralen Theorie, welche alle vergangenen und gegenwärtigen Daten, Erkenntnisse und Methoden sowohl der albanischsprachigen als auch der nichtalbanischsprachigen Albanologie im weitesten Sinne in einer auswertenden Zusammenschau berücksichtigt, immer lauter zu werden. Ein solch ehrgeiziges Unterfangen ist nicht von einer Einzelperson, so versiert sie auch auf diversen Fachgebieten sein mag, zu realisieren, weshalb sich die führenden Experten in den für die Lösung der albanischen Herkunftsfrage als Schlüsselbereiche geltenden Disziplinen der Sprachwissenschaft, Geschichte, Archäologie und Volkskunde mit der nötigen Begeisterung und dem nötigen Budget in einem Gemeinschaftsprojekt zusammentun müssten, indem sie nicht nur all ihr Wissen integrativ konzentrierten, um einen gemeinsamen Nenner des bisherigen Forschungsstandes zu eruieren, sondern auch vor allem Ansätze, Methoden und Erkenntnisse der jüngeren Wissenschaften – wie z. B. der Humangenetik zur Klärung der Abstammungsfrage – ergänzend und vielleicht sogar einen neuen Durchbruch erzielend mit heranzögen. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist angesichts des unaufhaltsamen Fortschritts der Wissenschaften noch nicht gesprochen. Es ist vielmehr eine Frage des gemeinsamen Willens und vielleicht auch der Sinnhaftigkeit, die angesichts der aktuell wieder drohenden nationalpolitischen Vereinnahmung willkommener wissenschaftlicher Resultate hinter einem solchen Unternehmen zur Lösung des Problems der albanischen Ethnogenese stehen sollte.

 

 

 



[1] Dieser Aufsatz wurde im Rahmen des folgenden Forschungsprojekts verfasst: Austrian Science Fund (FWF), projectnr. P26437-G15.

[2] Sehr gute Zusammenfassungen der Debatte finden sich in folgenden Beiträgen:

Oliver Jens Schmitt (2012): Die Albaner: Eine Geschichte zwischen Orient und Okzident. München: Beck, Kapitel „Alteingesessene oder Zuwanderer?“, S. 37-44;

Konrad Clewing (2013): Der “Andere” als Störenfried: Siedlungshistorische Anciennitätsdiskurse um Kosovo. In: Albert Ramaj (Hg.): “Poeta nascitur, historicus fit – ad honorem Zef Mirdita”. Albanisches Institut & Hrvatski Institut za povijest. St. Gallen u. Zagreb, S. 505-519;

Konrad Clewing (2005): An den Grenzen der Geschichtswissenschaft: Albaner, Thraker und Illyrer. In: Genesin, Monica; Matzinger, Joachim (Hg.): Albanologische und balkanologische Studien. Festschrift für Wilfried Fiedler. Hamburg: Kovač, S. 215-225;

Joachim Matzinger (2009a): Die Albaner als Nachkommen der Illyrer aus der Sicht der historischen Sprachwissenschaft. In: Frantz, Eva Anne; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Albani­sche Geschichte. Stand und Perspektiven der Forschung. München: Oldenbourg, S. 13-36;

Gottfried Schramm (1994): Anfänge des albanischen Christentums. Die frühe Bekehrung der Bessen und ihre langen Folgen. 1. Aufl.. Freiburg i. Breisgau: Rombach;

Kristo Frashëri (2013): Etnogjeneza e shqiptarëve – vështrim historik. Tirana: Botimet M&B.

Schmitt gibt einen ersten Überblick. Clewing geht vor allem auf die Politisierung dieser wissenschaftlichen Streitfrage ein. Ausführlicher, weil in sprachwissenschaftliche Details gehend, schildert Matzinger diese spannende Diskussion. Bei Clewing, Matzinger und Schramm finden sich Verweise auf einschlägige Literatur zu den verschiedenen Positionen in dieser Frage. Frashëri bietet den Blick eines führenden albanischen Historikers auf den aktuellen Forschungsstand.

[3] Matzinger (2009a), S. 14, Fußnote 6, schreibt, dass „die Auffassung von der dardanischen Herkunft der Albaner“ die kosovarische Unterart dieser Hypothese sei. Er muss „Albaner“ mit „Kosovoalbaner“ verwechselt haben, denn bisher bin ich in der einschlägigen albanischsprachigen Literatur auf keine solche Ansicht gestoßen. Der Einzige, der je behauptet hat, das antike Dardanien sei die Wiege aller Albaner, war Norbert Jokl.

[4] Siehe zu Illyrisch und Illyrern: Heiner Eichner (2004): Illyrisch – Die unbekannte Sprache. In: Museum für Urgeschichte Asparn an der Zaya (Hg.): Die Illyrer. Archäologische Funde des 1. vorchristlichen Jahrtausends aus Albanien. Haugsdorf, 92-117; Peter Siewert (2004): Die Geschichte der Illyrer. In: Museum für Urgeschichte Asparn an der Zaya (Hg.): Die Illyrer. Archäologische Funde des 1. vorchristlichen Jahrtausends aus Albanien. Haugsdorf, 79-91.

[5] Siehe zu Thrakisch und Thrakern: Ivan Duridanov (1985): Die Sprache der Thraker. Neuried: Hieronymus; Hermann Ament u. a. (Hg.) (2003): Frühe Völker Europas. Thraker – Illyrer – Kelten – Germanen – Etrusker – Italiker – Griechen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

[6] Gustav Weigand (1927): Sind die Albaner die Nachkommen der Illyrer oder der Thraker? In: Balkan-Archiv 3, S. 227-251; Schramm (1994).

[7] Schramm (1994), S. 22-29; Matzinger (2009a), S. 27 f..

[8] Stellvertretend seien hier nur einige albanische Arbeiten während der kommunistischen Ära genannt, weil die wichtigsten nichtalbanischen Arbeiten in der weiteren Folge besprochen werden: Anamali, Skënder; Korkuti, Muzafer; Gjinari, Jorgji (Hg.) (1969): Ilirët dhe gjeneza e shqiptarëvet. Tirana. (= frz. Fassung: Les Illyriens et la genèse des Albanais. Travaux de la session du 3-4 mars 1969. Hg. v. Université de Tirana, Institut d'histoire et de linguistique. Tirana: 1971; Eqrem Çabej (1974): Die Frage nach dem Entstehungsgebiet der albanischen Sprache. In: Zeitschrift für Balkanologie 10, H. 2, S. 7-32; Eqrem Çabej (1985): The problem of the autochthony of the Albanians in the light of the place names. In: Academy of Sciences of Albania (Hg): The Albanians and their territories. Tirana, S. 33-48; Skendër Gashi (1976): La toponymie antique et le problème de l'autochtonie des Albanais. Résultats et problèmes. In: Onomastica Jugoslavica 6, S. 115-125; Zef Mirdita (1977): Genesi del popolo albanese. In: Rivista di studi e ricerche della Cassa di Risparmio di Calabria e di Lucania 12, S. 57-70; Konferenca kombëtare për formimin e popullit shqiptar, të gjuhës dhe të kulturës së tij. Tiranë, 2-5 korrik 1982. Tirana: 1988. (= Die nationale Konferenz über die Herausbildung des albanischen Volkes, seiner Sprache und Kultur. Tirana, 2.-5. Juli 1982. Frz. Ausgabe: La Conférence nationale sur la formation du peuple albanais, de sa langue et de sa culture 2-5 juillet 1982. Hg. v. L'Academie des Sciences de la RPS d'Albanie. Tirana: 1982.); Skendër Anamali (1984): The problem of the formation of the Albanian people in the light of the archaeological data. In: Problems of the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, S. 65-93; Aleks Buda (1982): Etnogjeneza e popullit shqiptar në dritën e historisë. In: Zëri i popullit, Tirana, 3 Korrik. [= Die Ethnogenese des albanischen Volkes im Lichte der Geschichte. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31 (1982), S. 413-425, hier S. 415-420.; = The genesis of the Albanian people in the light of history. In: Academy of Sciences of Albania (ed.): Problems of the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori 1984, S. 9-24.]; Mahir Domi (1982): Probleme të historisë së formimit të gjuhës shqipe, arritje dhe detyra. In: Zëri i popullit, Tirana, 3 Korrik. (= Probleme der Geschichte der Herausbildung der albanischen Sprache. Errungenschaften und Aufgaben. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31 (1982), S. 413-425, hier S. 420-425.); Kristo Frashëri (1984): The territories of the Albanians during the early middle ages. In: Problems of the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, S. 147-167.

[9] Es würde den thematischen Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle Vertreter dieser These aufzuzählen, deshalb seien hier nur stellvertretend genannt: Hermann Hirt (1905): Die Indogermanen. Ihre Verbreitung, ihre Urheimat und ihre Kultur. Bd. 1. Straßburg: Trübner, 141 f.; Gustav Weigand (1927): Sind die Albaner die Nachkommen der Illyrer oder der Thraker? In: Balkan-Archiv 3, S. 227-251; Ivan Popović (1958): Slawen und Albaner in Albanien und Montenegro. Zum Problem der slawisch-albanischen Sprachchronologie. In: Zs. f. Slawische Philologie 26, S. 301-324; Heinz Kronasser (1965): Illyrier und Illyricum. In: Die Sprache 11, S. 155-183; Vladislav Popović (1984): Byzantins, Slaves et autochtones dans les provinces de Prévalitane et Nouvelle Épire. In: Collection de l' École Française de Rome 77, S. 181-243; Vladislav Popović (1988): Albanija u kasnoj antici. In: Iliri i Albanci, S. 201-283; Gottfried Schramm (1994): Anfänge des albanischen Christentums. Die frühe Bekehrung der Bessen und ihre langen Folgen. 1. Aufl.. Freiburg i. Breisgau: Rombach.

[10] Eqrem Çabej (1976): Studime gjuhësore III. Prishtina: Rilindja, S. 30 f..

[11] Fallmerayer setzte den Ursitz der Albaner in dem ganzen Gebiet des heutigen Albaniens und Epirus an.

Völlig aus dem Rahmen fällt F. C. H. L. Pouqueville, der der Meinung war, dass die Albaner im Frühmittelalter oder in der mythischen Zeit des Argonautenzuges aus dem Kaukasus eingewandert seien.

[12] Çabej (1976), S. 34 f..

[13] Zu den Pelasgern siehe: Fritz Freiherr Lochner von Hüttenbach (1960): Die Pelasger. Wien: Gerold.

Über die Pelasger gibt es – neben der Ansicht Hahns – nach wie vor verschiedene Meinungen in der Wissenschaft:

1)     = die Karer oder Leleger, die vorindogermanische Bevölkerung der Ägäis

2)     = griechische Stämme der nordthessalischen Landschaft Pelasgiotis

3)     = ein Einzelstamm der Illyrer (Lochner von Hüttenbach)

[14] Çabej (1976), S. 43 f..

[15] Milan von Šufflay (1916-1917): Biologie des albanesischen Volksstammes. In: Ungarische Rundschau für historische und soziale Wissenschaften, S. 1-26.

[16] Çabej (1976), S. 35.

[17] Ebda, S. 35.

[18] Josef Konstantin Jireček (1911): Geschichte der Serben. Bd. 1. Gotha: Perthes, S. 152.

[19] Georg Stadtmüller (1966): Forschungen zur albanischen Frühgeschichte. 2. erweit. Aufl.. Wiesbaden: Harrassowitz, S. 43.

[20] Norbert: Jokl (1924): Albaner (Sprache). In: Reallexikon der Vorgeschichte 1, S. 84-93.

[21] Çabej (1976), S. 35 f..

[22] Jokl (1923): Linguistisch-kulturhistorische Untersuchungen aus dem Bereiche des Albanischen. Leipzig, Berlin: De Gruyter, S. 161; Jokl (1924), S. 92.

[23] Jokl (1924), S. 91 f..

[24] Das hier gewonnene Ergebnis berührt sich mit der Anschauung Jirečeks, nach der die Vorfahren der Albaner während der Völkerwanderungen aus dem Berglande zwischen Dalmatien und der Donau südwärts gedrängt worden seien.

[25] Çabej (1976), S. 39.

[26] Ebda, S. 39.

[27] Ebda, S. 32.

[28] Ebda, S. 32.

[29] Ebenso meint Heinz Kronasser (1965): Illyrier und Illyricum. In: Die Sprache 11, S. 180: "Die Terminologie für Seefahrt und Fischfang ist im Albanischen ein buntes Gemisch von Lehngut aus verschiedenen Sprachen. Dies wäre kaum möglich, wenn die Albaner seit dem Altertum in ihren historischen Sitzen gewesen wären."

[30] Zitiert nach Çabej (1976), S. 33.

[31] Siehe auch: Aleks Buda (1986): Rreth disa çështjeve të historisë së formimit të popullit shqiptar, të gjuhës e të kulturës së tij. In: Aleks Buda: Shkrime Historike 1.Tiranë: 8 Nëntori, S. 105-128, hier S. 107. (Dieser Aufsatz Budas ist der Zeitschrift "Studime Historike", 1980, nr. 1, S. 165-180, entnommen.).

[32] Çabej (1976), S. 33 f..

[33] Stadtmüller (1966), S. 47-54.

[34] Ebda, S. 51 f..

[35] Ebda, S. 50. Nach Stadtmüller kann eine berechtigte Beweisführung des Lebensraumes aus der Abstammung, also aus der illyrischen oder thrakischen Abstammungshypothese, nur dann erfolgen, wenn folgende zwei Voraussetzungen gegeben seien:

1)     die Möglichkeit der Klärung der Abstammungsfrage (= Prämisse I),

2)     die Möglichkeit der Klärung der illyrisch-thrakischen Sprachgrenzen (= Prämisse II).

Die Abstammungsfrage könne nur durch anthropologisch-somatische Tatsachen geklärt werden, weil allein die anthropologische Eigenart sich nach unabänderlichen Naturgesetzen vererbe. Sprachliche Tatsachen nämlich seien von der bewussten Einstellung der Menschen abhängig und sagten deshalb nichts über die Abstammung eines Volkes aus. Sprachliche Gemeinsamkeiten könnten nur auf sprach- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge verweisen.

[36] Ebda, S. 50.

[37] Ebda, S. 54 ff..

[38] Siehe dazu z. B. Kristo Frashëri (1964): The History of Albania (A Brief Survey). Tirana; Kristo Frashëri (1984): The territories of the Albanians during the early middle ages. In: Academy of Sciences of Albania (ed.): Problems of the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, 147-167.

[39] Stadtmüller (1966), S. 76-121.

[40] Aleks Buda (1984): The genesis of the Albanian people in the light of history. In: Academy of Sciences of Albania (ed.): Problems of the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, S. 16; Mahir Domi (1982): Probleme der Geschichte der Herausbildung der albanischen Sprache. Errungenschaften und Aufgaben. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31, S. 424.

[41] Buda (1984), S. 16 f..

[42] Ali Dhrimo (1991): Der Beitrag deutscher Forscher auf dem Gebiet des Albanischen. In: Grothusen, Klaus-Detlev (Hg.): Albanien in Vergangenheit und Gegenwart. Internationales Symposion der Südosteuropa-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Albanischen Akademie der Wissenschaften, Winterscheider Mühle bei Bonn, 12.-15. September 1989. München: SOE-Gesellschaft, S. 165; Aleks Buda (1982b): Die Ethnogenese des albanischen Volkes im Lichte der Geschichte. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31, S. 417 f.; Domi (1982), S. 423.

[43] Çabej (1976), S. 40; Buda (1986), S. 114.

[44] Buda (1986), S. 107; Aleks Buda (1982a): Etnogjeneza e popullit shqiptar në dritën e historisë. In: Zëri i popullit, Tirana, 3 Korrik, S. 139-140.

[45] Hier zitiert nach Çabej (1976), S. 39. Zum Gesamtwerk Cimochowskis siehe: Studia Albanica. In memoriam Waclaw Cimochowski (2005). Torun: Wydawnictwo Naukowe Umk; Waclaw Cimochowski (2004): Për gjuhën shqipe. Akademia e shkencave dhe e arteve e Kosovës. LI, 23. Prishtina.

[46] Buda (1982b), S. 417.

[47] Ebda, S. 419.

[48] Buda (1986), S. 106-107; Buda (1982a), S. 140.

[49] Buda (1982b), S. 418.

[50] Domi (1982), S. 422-424.

[51] Buda (1982a), S. 141.

[52] Çabej (1976), S. 40 f.; Buda (1982a), S. 138.

[53] Bernhard Tönnes (1982): Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31, S. 414 f..

[54] Çabej (1976), S. 25.

[55] Géza Alfőldy (1965): Bevölkerung und Gesellschaft der römischen Provinz Dalmatien. Budapest: Akadémiai Kiadó; Géza Alfőldy (1972): Südosteuropa im Altertum – von der Vielfalt zur Einheit. In: Südost-Forschungen 31, 1-16.

[56] Zdenko Vinski (1969): Autochthone Kulturelemente zur Zeit der slavischen Landnahme des Balkanraumes. In: Simpozijum predslavenski etnicki elementi na Balkanu u etnogenezi juznih Slovena. Sarajevo, 171-199.

[57] Vladislav Popović (1988): Albanija u kasnoj antici. In: Iliri i Albanci, 201-283.

[58] Karl Kaser (1992): Hirten, Kämpfer, Stammeshelden. Ursprünge und Gegenwart des balkanischen Patriarchats. Wien, Köln, Weimar: Böhlau. Kapitel „Die Geschichte des illyrischen Erbes – eine eigene Geschichte“, S. 119-171, hier S. 130.

[59] Siehe dazu John J. Wilkes (1992): The Illyrians. Oxford: Blackwell Publishing. Wilkes äußert sich auf S. 278 folgendermaßen: "… likely identification seems to be with a Romanized population of Illyrian origin driven out by Slav settlements further north, the 'Romanoi' mentioned by Constantine Porphyrogenitus."

[60] Kaser (1992), S. 132; Popović (1988), S. 244 f..

[61] Kaser (1992), S. 134; Vinski (1969), S. 189.

[62] Etleva Nallbani (2004a): Resurgence des traditions de l’Antiquité tardive dans les Balkans occidentaux: etude des sepultures du nord de l’Albanie. In: Hortus Artium Medievalium 10, S. 25-42; Etleva Nallbani (2004b): Transformations et continuité dans l’ouest des Balkans: le cas de la civilisation de Komani (VIe-IXe siecles). In: Cabanes, P. / Lamboley, J.-L. (Hg.). L’Illyrie meridionale et l’Epire dans l’Antiquité. IV. Actes du IVe colloque international de Grenoble, 10-12 octobre 2002. Paris, S. 481-490; William Bowden (2003): The construction of identities in post-Roman Albania. In: Bowden, William; Lavan, Luke (ed.): Theory and practice in late antique archaeology. Leiden, Boston: Brill, S. 57-78.

[63] Schramm (1994).

[64] Zu den Bessen siehe Wilhelm Tomaschek (1868): Über Brumalia und Rosalia nebst Bemerkungen über den bessischen Volksstamm. In: Sitzungsberichte der K. u. K. Akademie der Wissenschaften Wien, phil. hist. Kl. 60, 2. H., S. 351-404; Christo Milošev Danov (1976): Altthrakien. Berlin, New York: de Gruyter.

[65] Schramm (1994), S. 41 ff..

[66] Ebda, S. 48 ff..

[67] Ebda, S. 121 ff..

[68] Ebda, S. 149 ff..

[69] Ebda, S. 157 ff..

[70] Gegenteiliges findet man bei Domi (1982), S. 422 f..

[71] Schramm (1994), S. 32; völlig konträr dazu ist die Aussage von Domi (1982), S. 423.

[72] Die sich das ganze Buch hindurchziehende und für einen Historiker des ausgehenden 20. Jahrhunderts unüberlegte Wortwahl "Barbarensprachen" und "Barbarenstämme" – womit offensichtlich alles Nichtgriechische, Nichtrömische und Nichtslawische gemeint ist – bereitet dem fachkundigen Leser zumindest ein gewisses Unbehagen.

[73] Ivan Popović (1958): Slawen und Albaner in Albanien und Montenegro. Zum Problem der slawisch-albanischen Sprachchronologie. In: Zeitschrift für Slawische Philologie 26, S. 301-324.

[74] Vor allem Oliver Jens Schmitt (2009): Skanderbeg. Der neue Alexander auf dem Balkan. Regensburg: Pustet.

[75] Jusuf Buxhovi (2012): Kosova. 3 Bd.e. Antike, Mittelalter, Osmanisches Reich bis zum internationalen Protektorat. Prishtina/Huston: Faik Konica & Jalifat.

[76] Ebda, Bd. 1, S. 31-182.

[77] Albert Ramaj; Nuri Bexheti; Xhemal Ahmeti (2012): Buxhovi verfälscht die Geschichte – Buxhovi falsifikon historinë. In: www.albanisches-institut.ch

[78] Clewing (2013), S. 518 f..

[79] Çabej (1976), S. 36.

[80] Schmitt (2012), S. 40-43.

[81] Benannt nach dem Wiener Balkanhistoriker Josef Konstantin Jireček, der sie zum ersten Mal in seiner „Geschichte der Serben“, Bd. 1. Gotha: Perthes 1911, erwähnt.

[82] Matzinger (2009a); Joachim Matzinger (2009b): Kritische Kurzbemerkungen zur nordalbanischen Toponomastik. Die Na­men der urbanen Zentren im adriatischen Küstenbereich. In: Genesin, Monica; Matzinger, Joachim (Hg.): Nordalbanien – L’Albania del Nord. Hamburg: Kovač, 87-98; Joachim Matzinger (2010): Illyrisch und Albanisch – Erkenntnisse und Desiderata. In: Nedoma, Robert; Stifter, David (Hg.): Festschrift für Heiner Eichner (= Die Sprache 48, 2009). Wiesbaden: Harrassowitz, 98-106.

[83] Stefan Schumacher (2009): Lehnbeziehungen zwischen Protoalbanisch und balkanischem Latein bzw. Romanisch. In: Frantz, Eva Anne; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Albanische Geschichte. Stand und Perspektiven der Forschung. München: Oldenbourg, 37–59.

[84] Joachim Matzinger; Stefan Schumacher (2014): Die Verben des Altalbanischen. Belegwörterbuch, Vorgeschichte und Etymologie. Wiesbaden: Harrassowitz.

Der Verlag Harrassowitz bewirbt das Lexikon auf seiner Website mit folgenden Worten: „Das Belegwörterbuch der altalbanischen Verben umfasst alle Verbalformen, die bei den altalbanischen Autoren Pjetër Budi, Frang Bardhi, Pjetër Bogdani, Gjon N. Kazazi, Lekë Matrënga und Jul Variboba belegt sind (17. bis 18. Jahrhundert). Diese Verbalformen werden nicht nur dokumentiert, sondern auch phonologisch, grammatisch und etymologisch analysiert. Damit ist zum einen für die Albanologie und Balkanologie eine grundlegende Pionierarbeit im Bereich der altalbanischen Lexikologie geleistet worden, zum anderen wurde für die historische Sprachwissenschaft und insbesondere für die Indogermanistik das altalbanische Verbalsystem so aufbereitet, dass es auch in vergleichende historische Untersuchungen einbezogen werden kann. Das Wörterbuch enthält zudem Betrachtungen zum Aufbau des altalbanischen Verbalsystems, synchrone und diachrone Analysen ausgewählter Verbalkategorien, einen Beitrag zur synchronen Phonologie der behandelten altalbanischen Texte und eine Untersuchung der zugrundeliegenden historischen Phonologie. Mit diesem Wörterbuch wird ein Instrument vorgelegt, das es ermöglicht, die altalbanischen Texte leichter zu erschließen und so in linguistische oder historische Fragestellungen einzubeziehen.“

[85] Matzinger (2009a), S. 21.

[86] Ebda, S. 22-27.

[87] Ebda, S. 27 f..

[88] Ebda, S. 29-33.

[89] Ebda, S. 33-36.

[90] Ebda, S. 35 f..

[91] Ebda, S. 36.

[92] Schmitt (2012), S. 43.


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