DIE DISKUSSION DER FRAGE DER ALBANISCHEN ETHNOGENESE Ein historischer Abriss
Kurt Gostentschnigg
DIE DISKUSSION DER
FRAGE DER ALBANISCHEN ETHNOGENESE
Ein historischer Abriss[1]
In: Eckehard Pistrick (Hg.): Deutsch-Albanische Wissenschaftsbeziehungen hinter dem Eisernen Vorhang. Wiesbaden: Harrassowitz 2016. (= Albanische Forschungen 39), S. 51-74.
Die Frage der
albanischen Ethnogenese, womit eigentlich die Geschichte des albanischen
Siedlungsgebietes, insbesondere die Frage des historisch ältesten Wohnsitzes
der Albaner, eng verknüpft mit der Frage der Herkunft der Albaner und ihrer
Sprache, gemeint ist, entfachte unter anderem das Interesse der Wissenschaft an
dem albanischen Volk und ist heute noch bzw. wieder neben Fragen der
albanischen Zeitgeschichte und der Sprachreformen des Albanischen eine der am meisten umstrittenen und diskutierten
innerhalb der im weitesten Sinne zu verstehenden, also alle mit albanischen
Themen befassten Wissenschaftsdisziplinen umfassenden Albanologie. Zudem
erhielt und erhält sie immer wieder eine aktuelle politische Brisanz, vor allem
in der wissenschaftlichen Polemik zwischen Albanern und Serben über die von
beiden Ethnien für sich beanspruchten angestammten Wohnsitze in Kosova. Daher
soll hier die Diskussion dieser Frage in Form eines kurzen historischen
Abrisses von ihren Anfängen bis in unsere Gegenwart behandelt werden.[2]
Die
Forschungsfrage dreht sich um die albanische Frühgeschichte, wobei es um die
Verortung der Albanischsprechenden in Raum und Zeit geht. Die Diskussion
konzentriert sich zeitlich auf die Epoche von der römischen Herrschaft bis zum
Auftreten der Albaner in Schriftquellen des Hochmittelalters (3. Jh. v. Chr.
bis 11. Jh. n. Chr.). Um das Fehlen von Urkunden und Chroniken für diesen
Zeitraum auszugleichen, greift die historische Forschung auf
sprachwissenschaftliche Mittel zurück und bedient sich der archäologischen
Erkenntnisse als Ergänzung. Nachdem es für die altbalkanischen Sprachen kaum
schriftliche Belege gibt, wird die albanische Sprache selbst als
Quellenmaterial betrachtet, indem man Wortschatz, Orts- und Flurnamen sowie Sprachformen
in ihrer jahrhundertelangen Entwicklung untersucht. Relevant ist in diesem
Zusammenhang die folgende sprachgeschichtliche Einteilung des Albanischen: Vor-Uralbanisch
für die vorrömische Zeit; Uralbanisch für die römische Zeit und das Mittelalter;
Altalbanisch 15. – 18. Jh.; Neualbanisch ab dem 19. Jh.. Die Bewertung der aus
diesen Quellen gewonnenen Erkenntnisse fällt dabei sehr unterschiedlich aus:
1)
Abstammung des Albanischen vom
Illyrischen: Autochthonie der Albaner als Nachkommen der Illyrer
2)
Abstammung des Albanischen vom
Thrakischen: Zuwanderung der thrakischen Vorfahren
3)
Abstammung des Albanischen weder vom
Illyrischen noch vom Thrakischen: Entwicklung aus einer anderen, unbekannten
altbalkanischen Sprache.
Die vorherrschende Ansicht innerhalb der Wissenschaft ist jene der
Autochthonie, vor allem in Albanien und Kosova.[3] Die
Vertreter der Illyrerthese schwanken in der Frage der Absteckung der
illyrischen Siedlungsgebiete in römischer Zeit zwischen Georg Stadtmüllers
Mati-Gau und – in neuerer Zeit – dem heutigen Nordalbanien, heutigen Kosova und
heutigen Makedonien. Die Vertreter der Thrakerthese hingegen versuchen eine
Antwort auf die Frage zu geben, wann die Albaner in ihre heutigen Territorien
eingewandert sind, wobei die Meinungen zwischen einer Zuwanderung aus sehr
weiter Entfernung (z. B. Kaukasus) und einer aus dem nahen, östlich
angrenzenden Bergland an die heutige albanische Küste angesiedelt sind. Die Unmöglichkeit
der Rekonstruktion des Illyrischen[4] – daher
gibt es zwar Hinweise, aber keine Beweise für die illyrisch-albanische
Kontinuität –, die spekulativen Herleitungen aus dem nur spärlich
dokumentierten Thrakischen[5] und die
späte schriftliche Dokumentation des Albanischen erschweren das ehrgeizige
Unterfangen beider Lager, welches noch im Einzelnen anhand ausgesuchter
Beispiele geschildert werden soll, in erheblicher Weise.
Für die Mehrzahl der
Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts war die Autochthonie der Albaner eine
selbstverständliche Sache. Hingegen für einige Historiker und viele Sprachwissenschaftler
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind die Albaner in ihre heutigen
Siedlungsgebiete Zugewanderte. Es waren vor allem zwei Umstände, die ihre
Schlussfolgerungen dahingehend beeinflussten: die albanisch-rumänischen
Beziehungen und die Toponymie Albaniens. Die sprachlichen Beziehungen des
Albanischen mit dem Rumänischen wurden von einigen Sprachwissenschaftlern in
einem zentralen oder östlichen Gebiet der Balkanhalbinsel lokalisiert, weit
entfernt von den heutigen Wohnsitzen der Albaner.[6] Und was die Toponymie betrifft, so sind viele Experten
der Ansicht, dass die heutigen Ortsnamen in Albanien, wenn man sie mit den
entsprechenden Formen in der Antike vergleicht, beweisen würden, dass die
phonetische Entwicklung, die sie im Laufe der Zeit durchgemacht haben, nicht
ohne Unterbrechung erfolgt sei, was auf eine fehlende Kontinuität des
albanischen Elements in diesen Gegenden schließen lasse.[7]
Zur Stützung der These
der Diskontinuität führten ihre Anhänger folgende drei historische Argumente
an: erstens die völlige Unterbrechung der Überlieferung, verursacht durch die
großen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen vom 5. bis
zum 10. Jahrhundert; zweitens die mehr oder weniger völlige Romanisierung der
Illyrer und drittens die ebenso völlige Slawisierung der romanisierten Illyrer.
Die Präsenz der Albaner in ihren mittelalterlichen und heutigen
Siedlungsgebieten erklären sie durch die späteren Zuwanderungsbewegungen aus
den thrakischen Gebieten des östlichen Balkans oder jenseits der Donau und aus
den einstigen illyrischen Gegenden am mittleren und westlichen Balkan südlich
der Donau. Diese These der Zuwanderung führte zu zwei Folgeannahmen: einerseits
die spätere gewaltsame Albanisierung der vorgefundenen Territorien durch die
zugewanderten Albaner und andererseits die äußerst niedrige wirtschaftliche und
gesellschaftliche Entwicklungsstufe der mittelalterlichen Albaner. Es habe sich
dabei um Wanderhirten gehandelt, die aus abgeschlosseneren und rückständigeren
Gebieten gekommen seien, wo diese kleinen Gruppierungen einer alten
halbassimilierten Bevölkerung der vollständigen Romanisierung widerstehen
hätten können.
Bis vor noch nicht
allzu langer Zeit standen sich also nur diese beiden Lager gegenüber: auf der
einen Seite die Vertreter der "Illyrischen These", die so genannten
Autochthonisten[8],
und auf der anderen Seite die Vertreter der "Thrako-dakischen" oder
"Dako-mysischen These", bekannt als die Anhänger der Admigrationsthese[9].
Die einen behaupten die von jeher bestehende Ansässigkeit der Albaner im Gebiet
ihres heutigen Siedlungsraumes und die anderen ihre Zuwanderung vom Osten in
ihre heutigen Wohnsitze, wobei sie sich über die Ausgangsgebiete der
Zuwanderung bis heute nicht einig sind. Die These der illyrischen Herkunft
stützt sich nicht nur auf sprachwissenschaftliche Zeugnisse, sondern auch auf
kräftige historische Argumente. Deshalb wurde sie zuerst von Historikern
entwickelt und später von den Sprachwissenschaftlern übernommen. Die These der
thrakischen Abstammung hingegen basiert mehr auf sprachwissenschaftlichen als
auf historischen Kriterien, was sich aus der Tatsache erklärt, dass die Thraker
hauptsächlich in Rumänien und im heutigen Bulgarien gelebt haben, also
außerhalb der ethnischen Grenzen der Albaner. Daher fehle der Thrakischen These
laut Eqrem Çabej ein solides historisches Fundament.[10]
Für die illyrische
Herkunft der Albaner und des Albanischen sprachen sich unter anderen folgende
Wissenschaftler aus: Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann Erich Thunman, Josef
Ritter von Xylander, Johann Georg von Hahn, Bartholomäus Kopitar, Theodor
Benfey, Franz Miklosich, Lorenz Diefenbach, Jakob Philipp Fallmerayer[11],
Martin Leake, Gustav Meyer, Paul Kretschmer, Holger Pedersen, Albert Thumb,
Mateo Bartoli, Wilhelm Meyer-Lübke, Sextil Puscariu, Josef Konstantin Jireček,
Milan von Šufflay und – mit Modifikationen – Carl Patsch und Franz Nopcsa.
Thunmann stellte unter Bezugnahme
auf Ptolemäus, der im 2. Jahrhundert n. Chr. die zwischen den Flüssen Drin und
Shkumbin vermutete Stadt Albanopolis erwähnt hatte, die Behauptung auf, dass
die Heimat der Albaner in der Berglandschaft zwischen Drin und Shkumbin liege.
Unter den Ortsnamen am westlichen Balkan fand er auch einige thrakische, die
bezeugen würden, dass die Thraker bis an die Adriaküste gesiedelt hätten. Auf
der Basis dieser Argumente gelangte er zur Schlussfolgerung, dass die Illyrer
und Thraker zwar zwei verschiedene Völker wären, ihre Stämme sich jedoch
aufgrund der räumlichen Nähe miteinander vermischt hätten. Die heutigen Albaner
betrachtete Thunmann hauptsächlich als Nachkommen der Illyrer, wobei an der
Herausbildung ihres Ethnos auch ein thrakisches Element teilgenommen habe.[12]
Damit wurde er zum Begründer der Illyrerthese, die Ende des 19.
Jahrhunderts Eingang in die Diskussion albanischer Nationalisten fand und im
kommunistischen Albanien zur Geschichtsdoktrin erhoben wurde.
Hahn war der erste, der eine Reihe
von alten Ortsnamen der albanischen Gegenden und der umliegenden Gebiete
untersuchte und sie mit den albanischen Appellativen verglich. Seiner Ansicht
nach bilden die Epiroten und Mazedonier, die beide mit den Illyrern verwandt
seien, den Kern des tyrrhenisch-pelasgischen Völkerkomplexes. Demnach sei das
Illyrische in einem weiteren Sinne eine pelasgische Sprache und zählten zu den
Vorfahren der Albaner neben den Illyrern auch die Epiroten und Mazedonier, die
wiederum alle von den Pelasgern[13]
abstammten. Laut Çabej sei die Pelasgerthese Hahns im Zusammenhang mit der
Herkunft der Albaner und ihrer Sprache in diesem verallgemeinerten Sinn nicht
haltbar, weil das Illyrische und das Pelasgische aller Wahrscheinlichkeit nach
verschiedene Sprachen seien. Aufgrund fehlender Sprachzeugnisse, die mit
Sicherheit jener Sprache zugeordnet werden könnten, sei sich die
Sprachwissenschaft über den sprachlichen Charakter des Pelasgischen nicht im
Klaren. Außerdem seien sich die Wissenschaftler, betont Çabej, in den letzten
Jahren nicht darüber einig, welches Volk und welche Sprache als pelasgisch zu
bezeichnen sei.[14]
Diese Idee eines
angeblich uralten Balkanvolkes, von dem die Griechen und Albaner als
Brudervölker abstammten, erfährt zurzeit in albanischen Kreisen eine gewisse
Renaissance, worauf später noch eingegangen werden soll.
Auch Šufflay, Patsch
und Nopcsa traten für die These der Autochthonie der heutigen Albaner ein.
Šufflay war der Meinung, dass auch ohne historische Zeugnisse – wie jenes von
Ptolemäus über den Stamm der „Albanoi“ – die Spuren des sprachlichen Einflusses
des Lateinischen auf das Albanische selbst genügen würden, um die Wohnsitze der
Albaner an der Adriaküste festzulegen. Die Analyse der illyrisch-thrakischen
und albanisch-rumänischen Symbiose widerlege die thrakische These. Die
sprachlichen Beziehungen zwischen dem Albanischen und Rumänischen seien nicht
etwa durch ihre gemeinsame thrakische Herkunft, sondern durch die
illyrisch-thrakischen Symbiosen, die Wanderung der Rumänen am Balkan und die
albanisch-rumänische Symbiose im mittelalterlichen Albanien erklärbar. Daher
lautete die Schlussfolgerung Šufflays: die Albaner sind Illyrer mit einer
thrakischen Schicht.[15]
Auf der Basis des
historischen und ortsnamenkundlichen Materials gelangte Patsch zur Ansicht,
dass es bereits vor den Illyrern eine thrakische Bevölkerung am westlichen
Balkan gegeben habe, die von einer illyrischen Schicht überlagert worden sei.[16]
Ausgehend
hauptsächlich von der Ethnographie, kam Nopcsa zu einer ähnlichen
Schlussfolgerung: die Albaner gehörten sowohl zum kulturellen Kreis der Thraker
als auch zu jenem der Illyrer; in den Territorien des heutigen Albaniens sei
eine thrakische Unterschicht mit einer illyrischen Oberschicht verschmolzen.
Die albanische Bevölkerung der östlichen Adriaküste sei daher die
Nachkommenschaft dieser thrakisch-illyrischen Mischung aus der Römerzeit, wobei
zahlenmäßig das thrakische und sozial das illyrische Element dominiert habe.
Daraus erkläre sich auch die Nachbarschaft von illyrischen und thrakischen
Ortsnamen in diesem Gebiet.[17]
Jireček beschränkte
das Siedlungsgebiet der Albaner in der römischen Zeit auf das Bergland zwischen
Dalmatien und Donau.[18]
Gemeint sei die bosnische Berglandschaft zwischen den Tälern des Vrbas und der
Drina, wo es keine lateinischen Inschriften und Spuren der Romanisierung gebe.
Während der Völkerwanderungszeit seien die halb romanisierten Illyrer in das
Gebiet des heutigen Albaniens abgedrängt worden. Diese Theorie sei aber laut
Stadtmüller nicht haltbar, weil das Siedlungsgebiet der Albaner während der Römerzeit
aufgrund der nachweisbaren griechischen Lehnwörter im Albanischen im Bereich
der lateinisch-griechischen Sprachgrenze gelegen haben müsse.[19]
Eine vermittelnde Position nahm
Norbert Jokl im Zusammenhang mit dem Problem der Herkunft des Albanischen und
der Autochthonie der Albaner ein.[20]
Er zog aus seinen Forschungen die Schlussfolgerung, dass die wenigen Elemente,
die aus dem Wortschatz des Illyrischen und Thrakischen bekannt seien, zum
Großteil durch die heutige albanische Sprache erklärt werden könnten. Diese
verwandtschaftlichen Beziehungen fand er auch außerhalb des Wortschatzes,
nämlich im grammatikalischen System und in der allgemeinen Struktur dieser
Sprachen. Daher betonte Jokl, dass einige Merkmale des Illyrischen und
Thrakischen sowohl in phonetischer als auch morphologischer Hinsicht ihre
Analogien in den entsprechenden Erscheinungen des sprachlichen Systems des
Albanischen hätten: den Vokalen, Konsonanten (besonders Gutturalen),
Konsonantengruppen, Suffixen und Präfixen. Es sei bekannt, dass die
Übereinstimmungen auf phonetischem und grammatikalischem Gebiet ein genaueres
Indiz für die Bestimmung des sprachlichen Verwandtschaftsgrades seien, als es
der Wortschatz sein könne, deshalb seien dieselben von besonderer Bedeutung.
Ausgehend von dieser Argumentation folgerte Jokl, dass die albanische Sprache
sowohl dem Illyrischen als auch dem Thrakischen sehr nahe stehe, sodass man von
ihr als einer illyrisch-thrakischen oder thrakisch-illyrischen Sprache sprechen
könne. Diese Theorie unterstützten auch Max Vasmer, Francesco Ribezzo und Carlo
Tagliavini.[21]
Jokl war zwar prinzipiell von der Autochthonie der Albaner überzeugt, gelangte
jedoch zur Schlussfolgerung, dass die frühen Wohnsitze der Albaner nicht mit
den heutigen im Nordwesten an der Adriaküste übereinstimmten, weil seiner
Meinung nach die „Schiffsausdrücke“ des Albanischen ein buntes
Lehnwörtergemisch darstellten.[22] Ein weiteres negatives Indiz sei die vergleichsweise
geringe Anzahl der altgriechischen Lehnwörter, die zusammen mit anderen Umständen
jene Teile des albanischen Gebietes, die heute in intensiver Berührung mit dem
Griechentum stünden, als neueren Zuwachs erkennen ließen. Als die Wiege des
albanischen Volkes komme nur irgendeine Gegend des nördlichen Teiles des
illyrischen Balkangebietes, etwa im Bereiche des alten Dardaniens, in Frage,
ein Gebiet, das folgende Bedingungen erfülle: eine Zone innerhalb der
Romanisierung, von der sie relativ früh erfasst worden sei, und nicht ganz
außerhalb der Sphäre des Griechischen sowie nahe der Wiege des Rumänischen, wo
sich das Illyrische und das Thrakische berührt hätten. Die heutige serbische
Namensform Niš für das alte Naissus, einen Hauptort von Dardanien, weise laut
Jokl mit ihrer Hyphärese des vortonigen Vokals auf albanische sprachliche Vermittlung
hin und sei damit eines der sprachlichen Zeugnisse für die Besiedelung dieser
Gegend – auch heute von den Ausläufern des albanischen Sprachgebietes nicht
allzu weit entfernt – durch die Vorväter der Albaner noch vor dem Auftauchen
der Slawen.[23]
Der illyrische Charakter dieser Region gehe aus Namensbildungen hervor, und
andererseits fehlten auch thrakische Elemente in der Toponymie nicht. Die Zeit,
in welcher die Vorfahren der Albaner in diese älteren balkanischen Sitze
gelangt seien, lasse sich mit sprachlichen Mitteln relativ wohl bestimmen: sie
sei später anzusetzen als ein die indogermanischen Elemente der Sprache
ergreifender Lautwandel: sk- zu h- vor dunklem Vokal.[24]
Von Dardanien seien die frühen Albaner zur Zeit der Spätantike, jedoch noch vor
der Ankunft der Slawen in Albanien, in ihre heutigen Wohnsitze an der östlichen
Adriaküste eingewandert. Dieser Ansicht waren auch Petar Skok und Edith Durham.[25]
Gegen die These Jokls sprach sich im Besonderen Stadtmüller aus, weil Dardanien
als eine in römisch-frühbyzantinischer Zeit nachweislich völlig romanisierte
Zone nicht als Formierungsgebiet des albanischen Volkes berücksichtigt werden
könne.[26]
Für die thrakische
Herkunft der Albaner und des Albanischen traten unter anderen folgende
Sprachwissenschaftler ein: Karl Paul, Hermann Hirt, Henrik Barić, Gustav
Weigand, Stephan Mladenov, Alexandru Philipide, D. Dećev und Vladimir Georgiev.
Als Hauptargument
führte Hirt den Umstand an, dass das Thrakische und Albanische
ostindogermanische Sprachen (Satem) seien, während das Illyrische eine
westindogermanische Sprache (Kentum) sei; deshalb könne das Albanische nicht
die Fortsetzung dieser Sprache sein, sondern nur eine Tochtersprache des Thrakischen.
Gegen diese These sei laut Çabej einzuwenden, dass der Kentum-Charakter des
Illyrischen keine so sichere Sache sei, wie es Hirt darstelle, weil es andere
Albanologen gebe wie Jokl, Ribezzo, Anton Meyer und W. Cimochovski, die das
Illyrische als eine ostindogermanische oder Satemsprache betrachteten.[27]
Eine andere These von Hirt war jene, dass die Albaner nicht seit der Antike in
Albanien ansässig, sondern erst später dorthin eingewandert seien, und dass die
namenskundliche Gleichung „Albanoi“ = „Arbër“ nichts zugunsten der illyrischen
Herkunft der Albaner beweise, weil die ethnischen Bezeichnungen oft von einem
Volk zum anderen wanderten.
Ebenso war Barić der
Meinung, dass die ethnische Bezeichnung „Albanoi“ sowie die illyrischen
Elemente des Albanischen nichts zur Bestätigung des illyrischen Ursprungs
beitrügen, weil das Albanische, so wie es Wörter von verschiedenen Sprachen
entlehnt habe, auch welche vom Illyrischen übernommen habe. Die heutigen
Albaner seien demnach von der östlichen Balkanhalbinsel – und zwar von den
Gebirgsgegenden des Balkan und der Rhodopen in Bulgarien – ausgewanderte
Thraker, die zwischen dem Ende des Römischen Reiches und der Ankunft der Slawen
in Albanien dort angekommen seien und eine Unterschicht von illyrischer
Bevölkerung überlagert hätten. Aus dieser sprachlichen Vermischung sei das
Albanische hervorgegangen, das ein illyrisierter thrakischer Dialekt sei.[28]
Gustav
Weigand, einer der Begründer der rumänischen Sprachwissenschaft und der
Balkanistik sowie der Hauptvertreter der Thrakischen These, lieferte eine
Anzahl von Argumenten für den Beweis seiner Zuwanderungsthese, gemäß derselben
die Albaner aus dem Osten in ihre heutigen Siedlungsgebiete eingewandert seien.
Seiner Ansicht nach würden die lateinischen Ortsnamen in Albanien nicht die
grammatikalische Form des Albanischen, sondern jene des alten Dalmatisch aufweisen.
Wenn die Albaner immer im heutigen Albanien gesiedelt hätten, müssten die aus
der Antike überkommenen Ortsnamen die phonetische Entwicklung des Albanischen
durchgemacht haben. Außerdem gebe es keine Spuren des Einflusses des alten
Dalmatisch auf die albanische Sprache, sondern vielmehr des Italienischen bzw.
des Venezianischen. Eine Reihe von Personen- und Ortsnamen in Thrakien und
Dakien könnten nur durch das Albanische erklärt werden, das bewiesenermaßen
auch einige thrakische Wörter enthalte. Als ein Hauptargument brachte Weigand
die Terminologie der Schifffahrt und des Fischfangs im Albanischen vor, die
seiner Meinung nach fremden Ursprungs seien. Es sei bekannt, dass die Illyrer
Seefahrer mit einer an Begriffen für die Seefahrt und den Fischfang reichen
Sprache gewesen seien. Das hätte sich im Albanischen wenigstens teilweise
erhalten müssen, wenn die Albaner die Nachfahren der Illyrer wären und immer in
den illyrischen Siedlungsgebieten gewohnt hätten. Hingegen seien alle
Bezeichnungen der Schifffahrt, der Fische und Werkzeuge für den Fischfang
fremd, griechisch, venezianisch, slawisch oder türkisch, und völlig neu.[29]
Daher müssten die Albaner aus dem Hinterland in das Küstengebiet gekommen sein.
Das sei laut Weigand auch aus der Tatsache ersichtlich, dass die Albaner nicht
vor dem 11. Jahrhundert erwähnt werden, obwohl dieses Land in vielen Dokumenten
auch im Zusammenhang mit der einheimischen Bevölkerung Erwähnung fände. Die
rumänisch-albanischen Beziehungen des nichtlateinischen Ursprungs würden
beweisen, dass die Albaner und die Rumänen irgendwo gemeinsam gewohnt hätten. Das
könne niemals in den illyrischen Gebieten gewesen sein, weil hier das alte
Dalmatisch entstanden sei, das sich grundlegend vom Rumänischen unterscheide.
Diese Tatsache werde gemäß Weigand auch durch die lateinischen Elemente in der rumänischen
Sprache bestätigt, deren Formen nur auf diese Weise erklärt werden könnten,
dass sie durch die Vermittlung des Albanischen gebildet worden seien. Die
albanisch-rumänischen Übereinstimmungen auf dem Gebiet der Sprache und der
Folklore müssten unter gleichen kulturellen, örtlichen und sprachlichen
Bedingungen zustande gekommen sein. Sich auf diese Argumente stützend, gelangte
Weigand zur Schlussfolgerung, dass die Albaner Thraker seien, konkret die
Nachkommen des Stammes der Bessen, die bis zum 6. Jahrhundert nicht romanisiert
worden seien. Die Albaner und die Rumänen hätten sich demnach gleichzeitig als
Völker mit eigenen Sprachen in der Zeit vom 6. bis zum 9. Jahrhundert in
gemeinsamen Wohnsitzen – in Übereinstimmung mit der Ansicht von Wilhelm Tomaschek
– im Dreieck Niš-Sofia-Skopje formiert.[30]
Diese
Theorie von Weigand unterzog Çabej einer ausführlichen Kritik. Einerseits habe
sie das Verdienst, die Beziehungen der Albaner mit den Rumänen und des
Albanischen mit dem Rumänischen, welche wirklich sehr enge seien, noch einmal
aufzuzeigen. Andererseits weise sie jedoch einige Fehler auf: erstens die
Nichtberücksichtigung der offensichtlichen illyrisch-albanischen Beziehungen,
um in einseitiger Weise die thrakisch-albanischen Beziehungen überzubetonen; zweitens
entbehre seine These, dass das albanische Volk sich in der Periode 600 bis 900
n. Chr. im Zentrum der Balkanhalbinsel formiert habe, jeder historischen Basis;
drittens meinte Çabej in Übereinstimmung mit der Kritik von Jokl, Mladenov und
Cimochowski, dass die Terminologie der Schifffahrt und der Seefahrt nicht
völlig fremd sei, wie es Weigand behaupte. Fremd sei nur der technische
Wortschatz dieses Bereichs: die Bezeichnungen der Fahrzeuge der Schifffahrt wie
Boot und Fähre, die Bezeichnungen der Werkzeuge des Fischfangs und die Mehrzahl
der Fischnamen. Aber es gebe eine Anzahl von Wörtern mit einem allgemeinen
Charakter, die zum autochthonen Fonds gehörten wie "det" (Meer),
"pellg" (tiefe Stelle im Wasser) und "anije" (Schiff); viertens
weise auch das Illyrische einige der thrakisch-albanischen Analogien auf. Auf
diese Art und Weise würden diese Vergleiche nicht als thrakisch-albanische,
sondern als dreiseitige illyrisch-thrakisch-albanische Gleichheiten erscheinen;
fünftens sei die Argumentation, dass die Albaner nach Albanien eingewandert seien,
weil sie vor dem 11. Jahrhundert nicht erwähnt würden, eine stillschweigende
Argumentation;[31]
sechstens fielen einem die Beziehungen der Rumänen und Albaner in Sprache und
Folklore, in den Anschauungen der materiellen Kultur, wie die Trachten, das Geschirr
der Molkereiprodukte, im Allgemeinen die Elemente des Hirtenlebens, wie auch in
einigen Merkmalen der geistigen Kultur, wie die Gestalten der Mythologie, der
Rhythmus und die Melodie des Volksliedes, tatsächlich auf, aber es bestehe
keine methodologische Notwendigkeit, dieselben zum thrakischen Erbgut
zuzuordnen, weil es möglich sei, dass sich darunter genügend Elemente
illyrischer Herkunft befänden.[32]
Diese angeführten
Lösungsversuche der Frage der albanischen Ethnogenese erfuhren durch
Stadtmüller eine grundsätzliche Kritik,[33]
die sich im Wesentlichen in fünf Punkten zusammenfassen lässt: erstens habe
jeder unter "Urheimat" die Heimat zu einer anderen Zeit verstanden.
Der Ausdruck "Heimat" müsse vermieden werden, weil man mit ihm immer
auch "sesshafte Ansiedlung" verbinde, was aber im Falle der Albaner,
die ja Wanderhirten gewesen seien, nicht zutreffend gewesen sei. Um die
Unklarheit der Begriffe "Heimat" und "Urheimat" gar nicht
erst aufkommen zu lassen, sollte man stattdessen "Lebensraum" als
adäquaten Ausdruck verwenden; zweitens habe die Albanienforschung schon in
ihren Anfängen die Lebensraumfrage durch sagengeschichtliche Betrachtungsweise
mit einem Nebel Mythen vergleichender Kombinationen umgeben; drittens habe die
Verquickung der Frage der albanischen Ethnogenese mit der Frage der rumänischen
Ethnogenese erstere in den Wirrwarr der Hypothesen über die Heimat des
rumänischen Volkes mit hineingerissen. Die Vertreter der mösischen
Rumänenheimat plädierten für das südlich der Donau liegende Serbien und
Bosnien, diejenigen der dakischen Rumänenheimat für das nördlich der Donau
liegende Siebenbürgen als die Heimat der Albaner. Die Frage nach dem
ursprünglichen Siedlungsgebiet der Albaner müsse jedoch in jedem Fall gesondert
behandelt werden.[34];
viertens kritisierte Stadtmüller die Einseitigkeit der Betrachtungsweise, da
sich jede Wissenschaftssparte, ob Volkskunde, Sprachwissenschaft oder
Geschichte, einzeln der Frage der albanischen Ethnogenese nähere und niemals
von der Gesamtheit der Forschungsergebnisse ausgehe; als fünften Punkt seiner
Kritik an der methodischen Lösung des Problems führte Stadtmüller die
verhängnisvolle Verquickung der Frage nach dem Siedlungsgebiet mit der
Abstammungsfrage an.[35]
Demnach setzten sich die Vertreter der illyrischen Abstammungshypothese für das
Autochthonentum der Albaner ein und die Vertreter der thrakischen
Abstammungshypothese für die Einwanderung der Albaner aus dem östlich gelegenen
Sprach- und Siedlungsgebiet der Thraker. Diese Beweisführungen seien jedoch
nicht berechtigt, weil die Abstammungsfrage nicht mit Sicherheit entscheidbar
und die illyrisch-thrakische Sprachgrenze aus antiker Zeit nicht bekannt sei.[36]
Etwa Mitte des 20.
Jahrhunderts kamen neue Theorien zur Frage der albanischen Ethnogenese auf.
Unter ihnen dominierten die bereits zu Beginn der Vierzigerjahre entwickelte
"Stadtmüller-Theorie"[37]
(illyrische oder thrakische Abstammung der Albaner und Einengung ihres
autochthonen Gebiets auf die schwer zugänglichen Berge des Matigebiets) und die
Mitte der Sechzigerjahre von der albanischen Wissenschaft aufgestellte
„Albanische Theorie“[38]
(illyrische Abstammung und Autochthonie der Albaner in ihren heutigen
Wohnsitzen), welche aber bereits wieder in einzelnen Punkten überholt sind.
In
seinem Buch "Forschungen zur albanischen Frühgeschichte" unternahm
Stadtmüller die Beweisführung zugunsten der Hypothese, dass das gebirgige
Umland des Flusses Mati, gegen die Romanisierung und Slawisierung gut
geschützt, nahe der griechisch-lateinischen Sprachgrenze und unter dem Einfluss
Dalmatiens stehend, von wo aus es christianisiert worden sei, die Wiege der
Albaner sei. Die Argumentationslinie Stadtmüllers ist folgende:[39]
Erstens:
ein Beweis dafür sei, dass die Albaner für Flora und Fauna sowie für die
Weidewirtschaft über 900 Meter Seehöhe im Wesentlichen Erbwörter verwendeten
(z. B. „bjeshkë“, „shpat“ und „dru“), während sie für die Zone von 600 bis 900
Meter ein Gemisch aus slawischen und ursprünglich albanischen Benennungen
benützten („log“, „llog“, „rudinë“, „lëndinë“ usw.). Der Großteil der
Bezeichnungen für die Talbecken und Ebenen sei hingegen von slawischer
Herkunft, und der Küstenwortschatz sei stark romanisch geprägt (Stadtmüller
bezieht sich hier auf Weigand).
Zweitens:
das Ausmaß des lateinischen Einflusses auf das Albanische werde von der
jahrhundertelangen Symbiose zwischen den frühen Albanern und den Romanen im Römischen
Reich bedingt. Daher sei die Hypothese falsch, dass die Vorfahren der Albaner
während der Völkerwanderung auf den Balkan gekommen seien.
Drittens:
aus den Beziehungen zwischen dem Albanischen und dem Altgriechischen auf dem
Gebiet der Lehnwörter gehe hervor, dass die Wohnsitze des frühen albanischen
Volkes sich nahe der griechisch-lateinischen Sprachgrenze im Gebiet des
Lateinischen befunden haben müssten.
Viertens:
die kirchlichen Ausdrücke, die das Albanische aus dem Lateinischen übernommen
habe, würden eine phonetische Form aufweisen, die mit der alten romanischen Sprache
in Dalmatien korrespondiere. Daher müssten die Wohnsitze der Voralbaner in der
Nähe Dalmatiens und der griechisch-lateinischen Sprachgrenze gesucht werden.
Dafür kämen nur die Gegenden Altserbiens und das nordalbanische Hochland in
Frage.
Fünftens:
die Wohnsitze der Voralbaner umfassten ein zweifaches Gebiet: die Winterweiden
in den romanisierten Ebenen und die Sommerweiden auf den Almen. Die Mundart der
Voralbaner könne nur in einer unberührten Gebirgszone fern der römischen Städte
und Straßen bewahrt worden sein. Altserbien (Kosovopolje, Metohia, Sandschak
Novipazar) hätte aufgrund seiner Tiefebenen nicht als Sommerweidegebiet genutzt
werden können. Daher könne es nicht als ein Rückzugsgebiet der Vorfahren der Albaner
gedient haben. Dann bleibe allein das nordalbanische Gebirgsland übrig, das
sich auf drei Regionen aufteile: die nordalbanischen Alpen, das Hochland des
Drin und das Gebiet von Mati. Die nordalbanischen Alpen seien auf allen Seiten
gegenüber dem Eindringen der römischen Kultur und Sprache offen gewesen.
Deshalb könne man mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie
völlig romanisiert worden seien. Die Lage zwischen dem Shkodraner Becken im
Westen und den Landschaften Altserbiens im Osten habe das Hochland von Drin zu
allen Zeiten mit viel Verkehr erfüllt. Aus diesem Grund könne es auch als
Reliktzone für die Voralbaner ausgeschlossen werden. So bleibe schließlich nur
mehr das Gebiet von Mati übrig. Das breite Tal des Mati biete genügend Raum für
Niederlassungen. Die Gebirgsalmen, die es umgeben, dienten als reiche
Sommerweiden. Das gebirgige Umland des Mati-Gebiets verwandle es in eine
natürliche Festung. Der Kontakt mit der Außenwelt sei nur über beschwerliche
Pfade möglich. Aus diesen Tatsachen lasse sich die Schlussfolgerung ziehen,
dass in der römisch-frühbyzantinischen Zeit die Sommerweiden der Voralbaner im
Gebiet des Mati gewesen sein müssten.
Sechstens:
nur in zwei Gegenden gebe es keine Spuren der Romanisierung bei den Ortsnamen:
im höchsten Gebiet der nordalbanischen Alpen und im Gebiet von Mati. Was die Hochgebirgsregion
der Alpen betreffe, so sei das aufgrund des feindlichen Charakters der
Oberflächenbeschaffenheit gegenüber Ansiedlungen verständlich. Aber anders
verhalte es sich beim fruchtbaren Gebiet des Mati, wo man die Existenz einiger
lateinischer Ortsnamen erwarten könne. Ihr völliges Fehlen vergrößere die
Wahrscheinlichkeit, dass das Rückzugsgebiet der alten albanischen Hirten in
dieser Gegend zu suchen sei.
Siebtens:
aus der Überprüfung des römischen Straßennetzes lasse sich schlussfolgern, dass
das Becken Shkodras, die albanische Küstentiefebene, das Hochland des Drin, der
südliche Teil der nordalbanischen Alpen sowie die Landschaften von Metohia,
Kosovopolje und des Sandschak Novipazar von römischen Straßen durchzogen und
daher offen gegenüber der Romanisierung gewesen seien. Hier könnten die
Sommerweiden der Voralbaner nicht gelegen haben.
Achtens:
man könne mit historischen Fakten belegen, dass das Mati-Gebiet in
römisch-frühbyzantinischer Zeit nicht in die römische Provinzeinteilung integriert
gewesen sei.
Neuntens:
die Region, die dem voralbanischen Volk als Wohnsitz gedient habe, sei im
Wesentlichen das Viereck zwischen der Tiefebene der albanischen Küste, dem
Shkumbi-Tal, dem Tal des Schwarzen Drin und dem Tal des Vereinten Drin gewesen.
Als eigentliche Reliktzone der Voralbaner könne man mit Sicherheit nur das
Gebiet von Mati betrachten. Im Winter hätten die voralbanischen Hirten das Vieh
auf ihre Weiden in den romanisierten Tälern und Ebenen, vielleicht auch in die
Gegenden Altserbiens und des Schwarzen Drin geführt. Als Sommerweiden dürften
sie auch die Almen der nordalbanischen Alpen und des Hochlands des Drin, d. h.
die Landstriche des Dukagjin und der Mirdita, verwendet haben.
Die offizielle Haltung
der gegenwärtigen albanischen Wissenschaft zur Stadtmüller-Theorie spiegelt
sich in der vom führenden albanischen Historiker der kommunistischen Ära, Aleks
Buda, getätigten Aussage wider, dass sich das Bild, das Stadtmüller in seiner
Arbeit "Forschungen" von der Entstehung des albanischen Volkes
zeichne, völlig von dem unterscheide, das die albanische Wissenschaft seit Ende
des Zweiten Weltkriegs präsentieren könne.[40]
Stadtmüllers Werk sei von dem reaktionären deutschen geopolitischen Konzept der
dreißiger Jahre beeinflusst und biete bloß simple stereotype Konstruktionen,
welche jeder vernünftigen methodologischen Basis entbehrten.[41]
Die jüngste
Sprachwissenschaft Albaniens findet Stadtmüllers Auffassung zu eng und nimmt
für sich in Anspruch, den Beweis erbracht zu haben, dass die heutige Aussprache
der aus dem Altertum übernommenen Ortsnamen mit den Regeln der albanischen
Lautgeschichte erklärbar und daher nicht über slawische Vermittlung ins
Albanische eingedrungen sei, woraus man wiederum folgern dürfe, dass der alte
Aufenthaltsort der Albaner mit ihren heutigen Wohnsitzen übereinstimme.[42]
Laut Çabej sei die These Stadtmüllers, die die Wiege der Albaner in
Nordalbanien und insbesondere im Hügelland des Mati ansiedle, eine zu enge
Ansicht. Diese Zone sei nur ein Teil der Wiege, die auch andere Teile des
heutigen Sprachgebiets des Albanischen umfasst habe. Die heutigen Wohnsitze der
Albaner seien kein Expansions-, sondern ein Rückzugsgebiet, das Ende einer
ununterbrochenen Einengung während ihrer Geschichte.[43]
Gemäß Buda bedeute die begrenzte Verbreitung des Lateinischen und Griechischen
als Sprache der Inschriften, besonders im Zusammenhang mit den oberen
Gesellschaftsschichten, nicht, dass ethnische Veränderungen, die die ganze
Bevölkerung erfasst hätten, sondern Prozesse der Akkulturation einer bestimmten
oberen Schicht erfolgt seien.[44]
Die Ansicht Stadtmüllers
bestritt auch Tagliavini als eine Theorie, die auf negativen Argumenten
basiere, indem er hervorhob, dass kein einziges positives Argument zu deren
Beweisführung herangezogen werde. Cimochowski akzeptierte im Prinzip die These
Stadtmüllers, außer dass das Gebiet, wo sich die albanische Sprache formiert
habe, aufgrund des Einflusses des Albanischen auf das Rumänische sich weiter
ausgedehnt habe, über die Grenzen dieser Zone hinaus in Richtung der alten
Stadt Naissos, des heutigen Niš in Serbien.[45]
Die albanische
Wissenschaft vertritt den Standpunkt, dass, ausgehend von einer nicht
wesentlich ausgeprägten Romanisierung und Slawisierung – außer in den Städten –,
die Albaner direkt von den Illyrern abstammten, und dass es einen unmittelbaren
Zusammenhang zwischen der alten illyrischen und der heutigen albanischen
Sprache gebe. Zur Untermauerung dieser Illyrischen These werden von ihr
historische, sprachwissenschaftliche, archäologische und ethnographische
Argumente ins Treffen geführt.
Als ein klassisches
historisches Argument zählt die Charakterisierung des südillyrischen
Königreichs als eine ethnisch einheitliche Gemeinschaft, auf deren Basis die
mittelalterlichen "Arbër" (= Albaner) ihre Fortsetzung gefunden
hätten.[46]
Einerseits sei nicht bekannt, ob die Albaner später in ihre heutigen Siedlungsgebiete
eingewandert seien, andererseits seien hier in der Antike die Illyrer gewesen.
Diese beiden Umstände gemeinsam sprächen für eine ethnische und sprachliche
illyrisch-albanische Kontinuität. Ein ethnographisches Argument füge sich
reibungslos in dieses Bild: das alte differenzierte und mit einem neuen Inhalt
versehene Erbe steche in der materiellen, geistigen und künstlerischen Kultur,
in der Kleidung, den Ornamenten, den Tänzen und der Musik, in den Institutionen
des Gewohnheitsrechts usw. hervor.[47]
Das Stillschweigen der zeitgenössischen lateinischen und griechischen Quellen
bezüglich der Nachfahren der alten illyrischen Bevölkerung erklärt Buda anhand
der Logik der historischen Situation selbst, die es verständlich mache, „warum die schriftlichen Quellen die
verschiedenen Stämme aufzeichnen, auch die kleinen, die sich auf den
Territorien der alten autochthonen Bevölkerungen niederlassen, weil sie nämlich
mit den Wanderungen, Zerstörungen und Veränderungen, die sie mit sich bringen,
eine Gefahr von politisch-militärischem Charakter für die byzantinische
Staatsmacht darstellen, während dieselben Quellen sich über die alte
eingesessene Bevölkerung ausschweigen, die unter diesen Umständen keinen Anlass
gibt, erwähnt und gesondert unter den Bevölkerungsmassen des Kaiserreiches, die
diese Überschwemmungen erleiden, hervorgehoben zu werden.“[48]
Am häufigsten sind die
archäologischen und sprachwissenschaftlichen Argumente. Die albanischen
archäologischen Forschungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts würden
die Übereinstimmung des Siedlungsgebiets der späteren Albaner mit demjenigen
der alten südillyrischen Bevölkerung bezeugen und den klaren Beweis für die
Existenz einer einheitlichen Kultur liefern, welche sich auf der Grundlage
einer sehr alten autochthonen vorrömischen Kultur gebildet habe.[49]Die
Ergebnisse der sprachwissenschaftlichen Forschung der Albaner würden ein
reichhaltiges Instrumentarium zur Verteidigung der Autochthonie ihres Volkes in
ihrem heutigen Siedlungsraum bieten. Es gebe zahlreiche Übereinstimmungen und
Ähnlichkeiten zwischen illyrischen und albanischen Wörtern, ebenso in der
Wortbildung und im phonetischen System.[50]
Weiters werden das Vorhandensein altgriechischer Lehnwörter im Albanischen, die
Bewahrung illyrischer Orts- und Eigennamen bis in die heutige Zeit und die
Existenz einer relativ reichhaltigen albanischen Meeresterminologie
hinsichtlich der Flora, der Fauna, der Schifffahrt und des Fischfangs
angeführt. Buda fasst die Ergebnisse dieser interdisziplinären Argumente
folgendermaßen zusammen: „Selbst die
Analyse des alten Erbwortschatzes des Albanischen und seiner aus dem
Lateinischen entlehnten Elemente gemeinsam mit den wichtigen Daten der
mittelalterlichen Archäologie, aber auch der Paläoanthropologie beweist, dass
wir es bei den mittelalterlichen Albanern mit einer Bevölkerung zu tun haben,
die von alters her ein sesshaftes, entwickeltes Leben mit Landwirtschaft,
Viehzucht und Handwerk in einem Milieu führt, das das bürgerliche Leben kennt.
Dafür sprechen die häufigen archäologischen Funde nicht nur in ebenen und
hügeligen Regionen, sondern auch in inneren Gebirgsgegenden; diese bestätigen
in überzeugender Weise, dass der Prozess der albanischen Volkswerdung sich
nicht unter Bedingungen des wirtschaftlich-sozialen Stillstands oder
Rückschritts vollzog, sondern unter Voraussetzungen einer relativen Entwicklung
trotz der Folgen aus den zerstörerischen Wanderungen und Eroberungen der
fremden Völkerschaften.“[51]
Das sprachliche
Mittel, das nach Ansicht Çabejs in der Lage sei, das Dunkel um die Frage der
albanischen Ethnogenese zu erhellen, sei die historische Toponymie Albaniens.
Es gehe dabei um eine chronologische Schichtung der Ortsnamen. Dafür kämen die
Städtenamen in Betracht, die gewöhnlich langlebiger seien, die Flussnamen im
Allgemeinen, die Gebirgs- und Tälernamen usw.. Es würden die Bezeichnungen der
Städte, Flüsse, Berge usw. des alten Albanien hergenommen, so wie die griechischen
und römischen Autoren sie verwendet hätten, und mit ihren heutigen Formen
verglichen, wodurch überprüft werden könne, ob die letzteren die Fortsetzung
der ersteren in Übereinstimmung mit der historischen Phonetik des Albanischen
seien. Wenn die heutigen Formen sich nicht in Kongruenz mit der Entwicklungslinie
des Albanischen erklären ließen, dann habe die heutige Bevölkerung diese Namen
von einer anderen übernommen, mit anderen Worten, dann sei sie in diese Gebiete
zugewandert. Die vergleichende Analyse der Toponomastik in dieser Hinsicht
ergebe laut Çabej, dass die heutigen Formen dieser Ortsbezeichnungen mittels
der Phonetik des Albanischen erklärbar seien. Also statt als ein Dokument gegen
die Autochthonie zu dienen, bezeugten sie in klarer Weise, dass in diesen
Gegenden das albanische Element spätestens seit der griechisch-römischen Epoche
ohne Unterbrechung vertreten sei. Als Beispiele unter anderen führt Çabej an
„Naissus: Nish“, „Scupi: Shkup“; „Scodra: Shkodër“, „Lissus: Lezhë“,
„Dyrrachium: Durrës“, „Drinus: Drin“ und „Mathis: Mat“. Für einige dieser hier
erwähnten Ortsnamen fände sich auch das Zwischenglied des Mittelalters, das die
Form der Antike mit der heutigen verbinde, z. B. der Name des Flusses „Isamnus:
1302 Ysamo: 1621 bei Pjetër Budi Ishëmi: Ishm“.[52]
Die Methoden und
Ergebnisse der albanischen Wissenschaft bezüglich der Erforschung der Frage der
albanischen Ethnogenese wurden von Bernhard Tönnes einer eingehenden Kritik
unterzogen, die man mit dem folgenden Zitat desselben zusammenfassen kann: „Der ... 'wissenschaftliche' Nachweis der
illyrischen Herkunft der Albaner kann zwar eine sehr große Plausibilität für
sich beanspruchen, doch reichen die vorhandenen Quellen (schriftliche
Überlieferungen, archäologische Funde u. dgl. m.) nicht aus, um einen
einwandfreien Beweis im Sinne der Wissenschaft führen zu können ... Alle
illyrischen Eigennamen sind durch griechische und römische Quellen vermittelt
worden. Es ist indes nicht abzuschätzen, in welcher sprachlichen Exaktheit und
nach welchen Kriterien die griechischen und römischen Autoren die ihnen fremden
illyrischen Namen in ihre Schriften transkribiert haben, so dass
Schlussfolgerungen in Bezug auf das Albanische, das erst seit 1555 schriftlich
belegt ist, sehr fragwürdig sind ... Abgesehen von diesen Eigennamen ist in den
antiken Quellen kein einziges Wort überliefert, das zweifelsfrei dem
Illyrischen zugerechnet werden könne. Die illyrische Herkunft der Albaner ließe
sich indes erst dann mit Hilfe der Sprachwissenschaft einwandfrei nachweisen,
wenn zumindest ein kompletter illyrischer Satz überliefert wäre.“[53] Çabej selbst
hatte Tönnes’ ernüchternde Feststellung bereits ein paar Jahre zuvor im dritten
Band seiner “Studime gjuhësore“ für die damaligen inneralbanischen Verhältnisse
Mitte der Siebzigerjahre erstaunlich selbstkritisch vorweggenommen: „Die Quellen, die uns von der illyrischen Sprache
überliefert sind, sind äußerst dürftig. In erster Linie die Orts- und
Personennamen, in systematischer Weise von Hans Krahe gesammelt. Dann einige
Glossen, d. h. einige Wörter, die uns die antiken Autoren mit den betreffenden
griechischen und lateinischen Bedeutungen hinterlassen haben. Inschriften vom
Illyrischen des Balkans haben wir bis heute keine gefunden ... Wir haben
Inschriften der (illyrischen) Messaper in Apulien ... Keine einzige ganze
Inschrift haben wir von der Sprache, die in den albanischen Gegenden der Antike
gesprochen wurde ... Eine solche Inschrift könnte das Problem der Herkunft des
Albanischen auf der Stelle lösen.“[54]
Doch es gibt auch
nichtalbanische Teilbefürworter der albanischen Sicht bezüglich der albanischen
Ethnogenese. Z. B. der Grazer Historiker Karl Kaser, sich in seinen
Schlussfolgerungen vor allem auf Géza Alfőldy[55], Zdenko Vinsky[56] und Vladislav Popović[57]
stützend, sieht in den heutigen Albanern die Nachkommen
der nicht romanisierten illyrischen Restbevölkerung und in den so genannten
Vlachen die Nachkommen der romanisierten Illyrer in den Städten und im
Küstengebiet, die zum Großteil im 6. Jahrhundert vor der Slaweninvasion in die
Gebirgsregionen geflüchtet seien und dort die Wanderweidewirtschaft von der
illyrischen Urbevölkerung übernommen hätten.[58]
Um seine Ansicht zu stützen, führt er Resultate der albanischen Archäologie und
Sprachwissenschaft ins Feld. Der archäologische Befund besage, dass aus den
Funden des 7. und 8. Jahrhunderts zwei zwar nicht deutlich trennbare, so aber
doch unterschiedliche Kulturen zu identifizieren seien. Die eine sei die
voralbanische Kulturstufe vom Typ Komani-Kruja[59]. Die zweite stamme offensichtlich von den Resten der
romanisierten Bevölkerung. Die Slawen hätten die Ebenen und Täler in Besitz
genommen; die romanischen Siedler oder Vlachen hätten in tieferen, die nicht
romanisierten Protoalbaner in den höheren Gebirgszonen gelebt.[60]
Die Fundstätten der "Koman-Kultur" – so benannt nach dem ersten
Fundort in der Region Puka – seien über ganz Albanien verbreitet. Es handle
sich dabei um Gräberfelder der altansässigen Bevölkerung aus dem 7. und 8.
Jahrhundert. Das Aufgefundene weise einerseits zu den Illyrern zurück und
andererseits auf eine Weiterentwicklung des illyrischen Musters hin. Es bestehe
kein Zweifel, dass die Träger dieser Koman-Kultur mit ihren speziellen Fibeln,
Ringen, Anhängern usw. Illyrer gewesen seien, die nur sehr oberflächlich
romanisiert worden wären.[61]
Die slawische Zuwanderung sei im albanischen Bereich bereits sehr schwach
gewesen, weshalb die albanische Gesellschaft nicht nur aus nomadisierenden
Viehhaltern bestanden habe, sondern auch aus einer sesshaften Dorf- und Stadtbevölkerung
mit einer entwickelten Land- und Viehwirtschaft und einem florierenden
Handwerk. Die Formierung des albanischen Ethnos habe sich demnach nicht unter
den Bedingungen einer sozialen und ökonomischen Stagnation oder Regression,
sondern unter jenen einer relativen Weiterentwicklung vollzogen. Einerseits sei
in der Spätantike die geistige und materielle Kultur der Illyrer erhalten
geblieben, andererseits hätten sich auf dieser uralten Grundlage die ersten
Besonderheiten eines langsam sich formierenden albanischen Volkes
herausentwickelt. Die definitive Herausbildung des albanischen Ethnos sei in
der Zeit zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert erfolgt, wo die Unterscheidung
zwischen verschiedenen Stämmen und Dialekten aufgehört und eine territoriale
Gemeinschaft des als „Arbër“ bezeichneten Volkes begonnen habe. Neuere
Forschungen zeigen allerdings, dass sich aus den Funden der konstruierten Koman-Kultur,
welche das Bindeglied zwischen Illyrern und den Arvaniten des 11. Jahrhunderts
bilden soll, vor allem der
materielle Einfluss der byzantinischen Kultur ablesen lässt.[62]
Für Aufsehen innerhalb der Albanienwissenschaft sorgte
das 1994 erschienene Werk des Freiburger Historikers Gottfried Schramm über die
Anfänge des albanischen Christentums[63],
worin er nach Jahrzehnten unverhofft mit einer auf den ersten Blick neuen
Theorie zur "albanischen Frage" aufwartet. Er spricht sich gegen die
Autochthonie und das Illyrertum der Albaner aus und versucht, ihre Einwanderung
aus der Mitte der Balkanhalbinsel in ihre heutigen Wohnsitze vermutlich zu
Beginn des 9. Jahrhunderts mit philologisch-historischen Mitteln zu beweisen.
Schramms Hypothese setzt sich aus einer langen Folge von Einzelbehauptungen
zusammen, die sich großteils auf sprachhistorische Indizien stützen.
Bei den Vorfahren der
heutigen Albaner handle es sich um jene im Gebirge lebenden thrakischen
Ethnien, die die Griechen und Römer seit der Kaiserzeit unter dem Sammelnamen
"Bessen" zusammengefasst hätten.[64]
Der ursprüngliche Stamm, der den Namen gegeben habe, habe seine Heimat im
Quellgebiet der Marica, nahe des höchsten Berges Musala, gehabt. Das
Siedlungsgebiet aller später unter diesem Namen zusammengefassten Hirtenstämme
sei die zentrale balkanische Gebirgsgruppe, d. h. die westliche Balkankette,
die Rila, die westlichen Rhodopen und das Piringebirge, also im Großen und
Ganzen die von Kaiser Aurelian in den Siebzigerjahren des 3. Jahrhunderts
errichtete römische Provinz Dacia mediterranea gewesen.[65]
Die Christianisierung der Bessen sei bereits in der zweiten Hälfte des 4.
Jahrhunderts durch den in der Stadt Remesiana ansässigen Bischof Niceta erfolgt.[66]
In der Folge hätten die Bessen eigene Klöster erbaut, eigene Mönche als
Missionare gestellt und sollten sogar eine eigene Kirchensprache gehabt haben.
Aufgrund der slawischen Landnahme im 6. und 7. Jahrhundert sei die romanische
Bevölkerung aus den Städten ins umliegende Gebirge geflohen, wo sie mit den
dort wohnenden Bessen eine Symbiose eingegangen sei, von der sprachliche
Übereinstimmungen des Albanischen und Rumänischen zeugen würden, und von ihnen
die transhumane Weidewirtschaft übernommen habe.[67]
In den nächsten Jahrhunderten sei es nur zu einer teilweisen slawischen
Assimilierung der Bessen gekommen. Am Anfang des 9. Jahrhunderts seien sie der
Christenverfolgung durch die heidnischen Bulgaren ausgesetzt gewesen, was
denjenigen Teil der Bessen, der wahrscheinlich nur westlich der Gipfelkette gewohnt
habe, nach dem Friedensvertrag 816/17 zwischen Byzanz und den Bulgaren zur
Abwanderung nach Westen bewogen haben soll.[68]
Den Bessen sei das Bergland Arbanon zwischen den Flüssen Shkumbi und Mati zur
Absicherung der byzantinischen Küstenfestung Dyrrachion gegen bulgarische
Angriffe vom Osten zugewiesen worden. Die Zuwanderer hätten den Namen
"Arbaniten" bekommen und seien durch den griechisch-orthodoxen
Bischof in Kruja betreut worden, weshalb die bessische Lithurgie eine
Gräzisierung erfahren habe.[69]
Die im zentralen Balkangebirge zurückgebliebenen Bessen hingegen seien
irgendwann slawisiert worden.
Schramm zeichnet sich
durch die historische Auswertung des philologischen Materials, in diesem Fall
der Lehnortsnamen, für die Erhellung der quellenarmen Abschnitte der Spätantike
und des Frühmittelalters aus. Er bringt mehrere philologische Belege dafür,
dass die Albaner in ihrem heutigen Siedlungsgebiet nicht autochthon sein
können. Indem er sprachwissenschaftliche Vergleiche anführt, zeigt er auf, dass
das Albanische schon vor der Berührung mit dem Lateinischen eine Satemsprache
gewesen sein müsse, d. h. dass es nicht die Tochtersprache des
kentumsprachlichen Illyrischen sein könne. Die insgesamt rund dreißig bis heute
als sicher geltenden altgriechischen Lehnwörter im Albanischen würden nicht
ausreichen, um eine jahrhundertelange Nachbarschaft der Uralbaner – in diesem
Fall wären sie Illyrer – mit den hellenischen Stadtgründungen zu beweisen.[70]
Außerdem lasse das Albanische gotische Lehnwörter vermissen, obwohl die Goten
130 Jahre lang an der nordalbanischen Küste geherrscht hätten. Weiters greift
er auf das schon von Weigand angeführte Argument zurück, dass die albanische
Terminologie für Seefahrt, Fischerei und Meeresfauna hauptsächlich aus dem
Romanischen stamme, weshalb der Küstenstreifen des albanischen Nordens nicht
als Aufenthaltsort der Uralbaner in Frage käme.[71]
Der frühe Übertritt der Bessen zum Christentum und die Bewahrung ihres Glaubens
würden erklären, weshalb das Albanische als einzige "Barbarensprache"[72]
des antiken Südosteuropas bis in die Gegenwart überlebt habe.
Wie schon so mancher
seiner Vorgänger verknüpft er die Frage der albanischen Ethnogenese mit der
Frage der rumänischen Ethnogenese: es gebe philologische Beweise dafür, dass
die Vorfahren der heutigen Rumänen eine längere Zeit mit den Uralbanern in
enger Symbiose gelebt hätten. Als Region kämen dafür nur die bereits oben
erwähnte westliche Balkankette, die Rila, die Rhodopen und das Piringebirge in
Frage. Diese Theorie steht in der Tradition von Weigand, der These der
gemeinsamen Heimat der Vorfahren der Rumänen und jener der Albaner, und der
serbischen Richtung z. B. eines Ivan Popović, der sich für die Zuwanderung der
Albaner in ein zuvor weitgehend slawisch besiedeltes Albanien ausspricht.[73]
Schramms Vorwurf an
die Autochthonisten, dass sie sich oft von ihren Gefühlen leiten ließen, möchte
man nach eingehender Lektüre dieses gewiss interessanten, aber in manchen
Abschnitten beinahe abenteuerlichen Buches am liebsten an seinen Autor
zurückgeben. Die Belege für sich klingen einleuchtend, doch sie sind dennoch
keine stichhaltigen Beweise. So liefert Schramm bezüglich der Abwanderung der
Bessen bloß Vermutungen, aber keine Fakten, die deren Abzug aus dem zentralen
Balkan bestätigen würden. Weiters muss man ihm die Außerachtlassung der reichen
archäologischen und ethnographischen Daten – besonders albanischerseits – für
die Antike und das Frühmittelalter in Südosteuropa zum Vorwurf machen. Was ist
schließlich aus den illyrischen Stämmen im heutigen albanischen Siedlungsgebiet
geworden? Sind sie restlos romanisiert und slawisiert worden, oder gibt es
ernsthafte Hinweise darauf, dass manche unter ihnen in bestimmten Gebieten bis
in die Gegenwart überdauern konnten? Schramm hätte wenigstens darauf eingehen
sollen.
Ob reine
Hypothesengespinste oder aufgedeckte historische Wahrheit: auf jeden Fall hat
die Schrammsche These der bessischen Herkunft der Albaner, die im Grunde nur
eine neue Variante der Weigandschen Zuwanderungsthese ist, die Diskussion
wieder angeheizt, mit alten und neuen Argumenten, aber wohl ohne die
letztendlich notwendigen stichhaltigen Beweise liefern zu können, die entweder
den Autochthonisten oder den Anhängern der Zuwanderungsthese Recht geben
würden. Im albanischen Raum ist die Persistenz des illyrischen Ansatzes mit
ihrer jüngsten Wiederanreicherung durch „pelasgische“ Elemente zu beobachten. Mediale Debatten rund um die
Überblickswerke von Schmitt[74] und das
Kosova-Buch des Journalisten Jusuf Buxhovi[75] haben
für Furore gesorgt. Buxhovi äußert sich im ersten, der Antike und dem
Mittelalter gewidmeten Band, auf Hahns Pelasgerthese zurückgreifend, in
teilweise haarsträubender Weise über die Pelasger und Illyrer[76] und
bleibt dabei von kosovarischen Historikern so gut wie unwidersprochen,
abgesehen von der löblichen Kritik von Seiten der Vertreter des Albanischen
Instituts in St. Gallen, Albert Ramaj, Nuri Bexheti und Xhemal Ahmeti, welche
Buxhovi in einer mehrseitigen Stellungnahme[77]
vorwerfen, unwissenschaftlich zu arbeiten und zu versuchen, durch
Quellenmissbrauch, Übernahme von fremden Texten und Falschinterpretationen eine
Geschichte zu erzählen, die größtenteils erfunden sei. Man kann diese traurige Angelegenheit nicht besser als mit Clewings
folgenden Worten auf den Punkt bringen: „Die
Zeit scheint partiell stillgestanden, wenn man demgegenüber im Jahr 2012
erleben konnte, wie genau diese pelasgisch-illyrische These zu einem von
Phantastereien strotzenden Kernelement des größten Historien-Markterfolgs in
Kosovo werden konnte … Wo aber Historiker nichts Wesentliches zu sagen finden,
ist in historischen Fragen der intellektuellen Selbstentblößung selbst von
Menschen, die im eigenen Fach renommiert sind, aber zu geschichtlichen Themen
lieber nicht schreiben sollten, erst recht keine Grenze gesetzt, und die in den
betroffenen Ländern theoretisch für höchste Wissenschaftlichkeit zuständigen
Institutionen entblößen sich gleich mit.“[78]
Die Worte Çabejs vor
mehr als dreißig Jahren scheinen auch heute noch ihre Gültigkeit zu haben: „...
in objektiver Sicht würde man sagen, dass einige Seiten erhellt, einige Punkte
geklärt worden sind, doch im Kern bleibt diese Frage bis heute ungelöst... Mit
anderen Worten, das Thrakische und das Illyrische sind für uns fast unbekannte
Sprachen, sodass das Wenige, was wir über sie wissen, uns nicht dabei hilft,
eine Ahnung von ihrer Struktur zu bekommen. Aber auch das Albanische ist erst
seit jüngster Zeit bekannt. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob die
Aussicht einer Klärung des Problems in der Zukunft existiert, mit den
Möglichkeiten der Bereicherung des Materials, aber auch mit der Verbesserung
der Arbeitsmethode verbunden.“[79]
Vielversprechende Forschungen in dieser Richtung werden in jüngster Zeit von
Vertretern der Historischen Sprachwissenschaft angestellt, welche nun eine
völlig neue, ja überraschende Perspektive, einen dritten Standpunkt eröffnen,
den wir bereits eingangs erwähnt haben: die Herkunft des Albanischen von einer
unbekannten altbalkanischen Sprache.
Ihre Argumentationslinie[80] ist zusammengefasst wie folgt: Das Albanische sei trotz
des
hohen Anteils an lateinischen Lehnwörtern keine halbromanische Sprache und der
Einfluss des Altgriechischen nur bescheiden. Daher hätten die frühen Albaner
nördlich der sogenannten Jireček-Linie[81], der
Trennung des Bereichs der lateinischen und griechischen Inschriftensprache auf
dem Balkan mit Verlauf durch das heutige Mittelalbanien, in jenem Teil des
Balkans, wo Latein Verwaltungssprache war, gesiedelt. Der fehlende maritime
Erbwortschatz sowie der eigene Wortschatz für Tiere und Pflanzen im Hügelland
und Bergland, während für jene des Flachlands viele Begriffe aus dem Slawischen
übernommen worden seien, würden darauf hinweisen, dass die frühen Albaner der
Antike nicht am Meer gelebt hätten. Im Weiteren lasse der slawische Einfluss in
den Bereichen Landwirtschaft und Verwaltung die Vermutung zu, dass die Albaner
im frühen Mittelalter nicht in Ebenen gesiedelt hätten. Zahlreiche gemeinsame
Begriffe mit dem Aromunischen (Sprache der balkanromanischen Hirten) und
Dakorumänischen (heutiges Rumänisch) in der Viehzucht würden die Frage
aufwerfen, wo die heute räumlich getrennten Albaner und Rumänen in der
Spätantike gemeinsam gesiedelt haben. Die Teilhabe am sogenannten
Balkansprachbund der untereinander nicht näher verwandten Sprachen (Albanisch,
Dakorumänisch, Aromunisch, Bulgarisch, torlakischer Dialekt des Serbischen) mit
ihren gemeinsamen strukturellen Merkmalen wie z. B. dem nachgestellten Artikel
und dem Schwinden des Infinitivs (im Albanischen nur im Toskischen) sei ein Beleg
für das jahrhundertelange enge Zusammenleben der Sprecher dieser Sprachen. Die
Erforschung der Flurnamen zur Beantwortung der Fragen, ob in der Antike belegte
Namen die Lautveränderungen der albanischen Sprache nachvollzogen haben, ob Albaner
Namen auf ihrem heutigen Siedlungsgebiet aus anderen Sprachen entlehnt haben,
und ob zuwandernde Slawen Namen aus dem Uralbanischen übernommen haben, würden
das Resultat liefern, dass um 150 v. Chr. küstennahe Namen im heutigen
Nordalbanien aufgenommen worden seien und sich diese Raumkenntnis langsam nach
Süden ausgedehnt habe, um 400 n. Chr. nach Durrës und um ca. 700/800 bis zum Shkumbin,
was wiederum bedeute, dass die damaligen Albaner zwar nicht unbedingt dort
gelebt haben müssten, aber doch immerhin einen Bezug zur Existenz dieser Orte gehabt
hätten. Die Befunde aus der Untersuchung von Sprache und Ortsnamen würden
folgendes provisorisches Bild ergeben:
1)
die Uralbaner hätten in der Antike im
lateinisch verwalteten Balkan, nördlich der Jireček-Linie, gesiedelt;
2)
es habe einen langen und engen
Kulturkontakt im inneren Balkan mit vollständig romanisierten altbalkanischen
Bevölkerungsteilen, den Urrumänen und Uraromunen, gegeben;
3)
das Vordringen der Slawen habe zum
Rückzug dieser romanisierten römischen Provinzbewohner seit dem 6. Jahrhundert
in höhere Lagen, wo sie Viehzucht betrieben hätten, geführt;
4)
die Wiedererrichtung der römischen-byzantinischen
Herrschaft habe zum Vordringen der Hirten in tiefere Lagen ab dem 9.
Jahrhundert, wo sie von den Slawen Wortschatz der dortigen Fauna und Flora und
des Ackerbaus und der Verwaltung übernommen hätten, geführt;
5)
ungeklärt sei, ob die Uralbaner in der
Antike im heutigen Südalbanien gelebt haben, das im Frühmittelalter besonders
stark slawisiert worden sei.
Abschließend wollen
wir näher auf die Arbeiten der Wiener
Sprachwissenschaftler Joachim Matzinger[82] und Stefan Schumacher[83] eingehen, die stellvertretend für diese neue Position
stehen und die erste vollständige Darstellung des altalbanischen Verbalsystems
in Form eines Belegwörterbuchs[84] verfasst haben. Matzinger macht darauf aufmerksam, dass
die Toponyme und Hydronyme Albaniens sowohl von Vertretern
der Autochthoniethese als auch deren Kritikern zur Beweisführung für oder aber
gegen eine lineare illyrisch-albanische Kontinuität ins Feld geführt würden.[85] Nach der beispielhaften sprachwissenschaftlichen Analyse von drei
ausgewählten Benennungen (Shkodër, Durrës und Shkumbi)[86] zählt er die Argumente gegen die Autochthoniethese auf: die Analyse der albanischen Topo- und
Hydronyme ergebe den eindeutigen Befund, dass die antiken Namen nicht mit den
ältesten Lautgesetzen des Albanischen, also den Lautgesetzen der Erbwörter,
vereinbar seien; bei der Übernahme
der altgriechischen Lehnwörter handle es sich um sehr wenige und auf ganz
bestimmte Kategorien beschränkte Lexeme; die
sehr enge innerbalkanische Symbiose von Protoalbanern und Protorumänen im
Rahmen gemeinsamer Lebensführung als Wanderhirten habe zu lexikalischen und
strukturellen Übereinstimmungen mit dem späteren Rumänischen geführt.[87] Aufgrund dieser Erkenntnisse der
historischen Sprachwissenschaft könnten die Albaner keine Autochthonen sein,
vielmehr müsse es sich bei ihnen um Migranten aus den innerbalkanischen
Regionen handeln.
In der Folge geht
Matzinger auf die Frage der Lokalisierung des Herkunftsterritoriums ein.[88] Zwei
Umstände würden die Suche nach dem Ursprungsgebiet erschweren: erstens sei die
Lebensführung altbalkanischer Populationen als Wanderhirten mit hoher Mobilität
verbunden gewesen und lasse sich Fernweidewirtschaft schwer mit einem zentralen
Ursprungsgebiet vereinbaren; zweitens sei es ungewiss, ob die Analyse von
sprachlichen Zeugnissen in der Lage ist, das Dunkel der schriftlosen
Vorgeschichte zu erhellen. Die
Ethnogenese – d. h. das Aufkommen eines ethnischen Bewusstseins aufgrund der
Zusammengehörigkeit durch soziale, kulturelle, religiöse, ökonomische und wohl
auch sprachliche Merkmale – der Albaner sei wahrscheinlich im 5. bis 6.
Jahrhundert von der Sprache unabhängig im nördlichen Albanien als eine Reaktion
auf die slawische Landnahme erfolgt. Die Region
Mat und die Hochgebirgslagen Nordalbaniens könnten als älteres albanisches
Habitat bzw. als Rückzugsgebiet mit Kontaktmöglichkeiten zu den Ebenen hin
betrachtet werden, und zwar aus folgenden Gründen: das Toponym Mat könne problemlos als „Berg(land)“ aus dem
Albanischen heraus erklärt werden; die Region Mat weise nur recht wenige
slawische Toponyme auf, sei aber selbst von zahlreichen slawischen Ortsnamen
umgeben. Nur unter solchen Voraussetzungen sei es möglich gewesen, einerseits die
ererbte Sprache zu bewahren und andererseits über den Kontakt mit den Slawen
eine große Zahl von slawischen Lehnwörtern aufzunehmen, ohne einer
vollständigen sprachlichen Slawisierung zu unterliegen. Von einem solchen
Rückzugsgebiet hätten sich diese albanischsprachigen Gruppen später in die slawisierten
Ebenen ausbreiten und dort dauerhaft niederlassen können.
Zur Frage
der albanischen Sprache meint Matzinger, dass er bezweifle, ob es zwingend sei,
das Albanische mit einer der beiden dokumentierten Sprachen altbalkanischer
Ethnien wie der Illyrer oder der Thraker zu identifizieren.[89] Es sei
nämlich denkbar, dass das Albanische die Kontinuante eines der nicht
überlieferten balkanindogermanischen Idiome sei. Untersuchungen in der historischen
Sprachwissenschaft hätten gezeigt, dass das Albanische gemeinsam mit dem
Griechischen, Phrygischen und Armenischen zum Balkanindogermanischen, einer indogermanischen
Subgruppe, gehöre. Diese vorhistorische Kommunikationsgemeinschaft in einem
balkanischen Konvergenzareal, dem wahrscheinlich auch die bekannten
altbalkanischen Idiome wie Illyrisch, Dakisch und Thrakisch angehört hätten,
sei so benannt worden, weil die Mehrzahl dieser Sprachen in historischer Zeit
auf dem Balkan oder in seiner geographischen Nachbarschaft bezeugt gewesen
seien. Die Frage nach der Herkunft des Albanischen verschiebe sich demnach auf
eine noch viel frühere Zeitstufe.
Matzingers
Abschlussbefund fällt dahingehend aus, dass die Autochthonie und die damit
indizierte Deszendenz der Albaner von den antiken Illyrern aus folgenden
Gründen nicht bestätigt werden könnten:
1)
das aus der Antike überlieferte
Sprachmaterial des Illyrischen sei viel zu ungenügend, um definitive Aussagen
zu ermöglichen;
2)
die Toponomastik Albaniens widerlege die
lineare illyrisch-albanische Kontinuität; die Orts- und Flussnamen Albaniens
zeigten keine kontinuierlich-erbwörtliche Lautbehandlung, sondern unterlägen
Lautentwicklungen, die einer späteren Zeitstufe in der albanischen
Sprachgeschichte angehörten, wie es die Evidenz der lateinischen Lehnwörter
bezeuge;
3)
es gebe zwischen dem Albanischen und
Rumänischen lexikalische und strukturelle Übereinstimmungen, die für enge
Kontakte der betreffenden Sprecher in deren beider Vorgeschichte sprächen;
4)
die albanische Ethnogenese sei erst im
5. bis 6. nachchristlichen Jahrhundert in Nordalbanien erfolgt;
5)
es gebe sprachliche Hinweise dafür, dass
eine frühe Vorstufe des Albanischen mit einigen anderen indogermanischen
Sprachen in einem engen Kontaktverhältnis im Rahmen eines wahrscheinlich auf
dem Balkan lokalisierbaren vorhistorischen Konvergenzareals gestanden habe, in
dem sehr wahrscheinlich auch die antiken Balkanidiome zu verorten seien; daher
seien allfällige sprachliche Übereinstimmungen zwischen diesen indigenen
Sprachen (wie das bezeugte Illyrische, Thrakische oder Dakische) und dem
Albanischen nicht mehr zwangsläufig einzig und allein im Rahmen eines
Deszendenzmodells zu verstehen.[90]
Fazit: Die historische
Sprachwissenschaft gebe eine zuverlässige Antwort auf die Frage nach der
Abstammung der Albaner und der Herkunft des Albanischen. Die Albaner in ihren
historisch dokumentierten Wohnsitzen seien nach Ausweis der Toponymie Albaniens
Zuwanderer aus dem inneren Balkan.[91]
Die albanische
Forschung lehnt diese Vorstellung fast völlig ab.[92] Sie
weist dabei auf die sprachliche Verwandtschaft zwischen dem Albanischen und
Messapischen (im antiken Apulien gesprochene Sprache) hin. Dieser transadriatische
Sprachkontakt sei nur zustande gekommen, weil die Uralbaner im heutigen
Albanien gesiedelt hätten. Dagegen wird von nichtalbanischer Seite eingewandt,
dass die Messapier sehr wahrscheinlich aus dem Balkan nach Apulien eingewandert
seien und der Sprachkontakt daher auch im inneren Balkan stattgefunden haben
könnte. Nichtsdestotrotz beharrt die albanische Forschung darauf: die
Verbreitung des Albanischen sei mit dem ehemaligen illyrischen Siedlungsgebiet
identisch, denn es gebe keinerlei Hinweise auf massive Wanderungsbewegungen in
historischer Zeit. Zahlreiche Ortsnamen würden den kontinuierlichen Gebrauch
durch Albanischsprachige belegen, besonders die kleinräumigen Flurnamen
sprächen gegen eine Verdrängung der Albaner durch Slawen. Der Rückzug von der
Küste habe zwar den Verlust des maritimen Eigenwortschatzes bewirkt, doch die
Albaner hätten ihn bei einer erneuten Berührung mit dem Meer vor allem aus
romanischen Sprachen wieder erlernt. Und der altgriechische Einfluss auf das
frühe Albanisch sei sowieso gut nachweisbar.
Seit ein paar Jahren
scheint in einschlägigen Albanologenkreisen der Ruf nach einer allein inter-
und transdisziplinär zu entwickelnden integralen Theorie, welche alle
vergangenen und gegenwärtigen Daten, Erkenntnisse und Methoden sowohl der
albanischsprachigen als auch der nichtalbanischsprachigen Albanologie im
weitesten Sinne in einer auswertenden Zusammenschau berücksichtigt, immer
lauter zu werden. Ein solch ehrgeiziges Unterfangen ist nicht von einer
Einzelperson, so versiert sie auch auf diversen Fachgebieten sein mag, zu realisieren,
weshalb sich die führenden Experten in den für die Lösung der albanischen
Herkunftsfrage als Schlüsselbereiche geltenden Disziplinen der
Sprachwissenschaft, Geschichte, Archäologie und Volkskunde mit der nötigen
Begeisterung und dem nötigen Budget in einem Gemeinschaftsprojekt zusammentun
müssten, indem sie nicht nur all ihr Wissen integrativ konzentrierten, um einen
gemeinsamen Nenner des bisherigen Forschungsstandes zu eruieren, sondern auch
vor allem Ansätze, Methoden und Erkenntnisse der jüngeren Wissenschaften – wie
z. B. der Humangenetik zur Klärung der Abstammungsfrage – ergänzend und
vielleicht sogar einen neuen Durchbruch erzielend mit heranzögen. Das letzte
Wort in dieser Angelegenheit ist angesichts des unaufhaltsamen Fortschritts der
Wissenschaften noch nicht gesprochen. Es ist vielmehr eine Frage des
gemeinsamen Willens und vielleicht auch der Sinnhaftigkeit, die angesichts der
aktuell wieder drohenden nationalpolitischen Vereinnahmung willkommener
wissenschaftlicher Resultate hinter einem solchen Unternehmen zur Lösung des
Problems der albanischen Ethnogenese stehen sollte.
[1] Dieser Aufsatz wurde im Rahmen des folgenden Forschungsprojekts
verfasst: Austrian Science Fund (FWF), projectnr. P26437-G15.
[2] Sehr
gute Zusammenfassungen der Debatte finden sich in folgenden Beiträgen:
Oliver Jens Schmitt (2012): Die Albaner:
Eine Geschichte zwischen Orient und Okzident. München: Beck, Kapitel
„Alteingesessene oder Zuwanderer?“, S. 37-44;
Konrad Clewing (2013): Der
“Andere” als Störenfried: Siedlungshistorische Anciennitätsdiskurse um Kosovo. In: Albert Ramaj (Hg.): “Poeta nascitur, historicus
fit – ad honorem Zef Mirdita”. Albanisches Institut & Hrvatski Institut za
povijest. St. Gallen u. Zagreb, S. 505-519;
Konrad Clewing (2005): An den
Grenzen der Geschichtswissenschaft: Albaner, Thraker und Illyrer. In: Genesin,
Monica; Matzinger, Joachim (Hg.): Albanologische und balkanologische Studien.
Festschrift für Wilfried Fiedler. Hamburg: Kovač, S. 215-225;
Joachim Matzinger (2009a): Die
Albaner als Nachkommen der Illyrer aus der Sicht der historischen
Sprachwissenschaft. In: Frantz, Eva Anne; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Albanische
Geschichte. Stand und Perspektiven der Forschung. München: Oldenbourg, S. 13-36;
Gottfried
Schramm (1994): Anfänge des albanischen Christentums. Die frühe Bekehrung der
Bessen und ihre langen Folgen. 1. Aufl.. Freiburg i. Breisgau: Rombach;
Kristo
Frashëri (2013): Etnogjeneza e shqiptarëve – vështrim historik. Tirana: Botimet
M&B.
Schmitt gibt einen ersten
Überblick. Clewing geht vor allem auf die Politisierung dieser
wissenschaftlichen Streitfrage ein. Ausführlicher, weil in
sprachwissenschaftliche Details gehend, schildert Matzinger diese spannende
Diskussion. Bei Clewing, Matzinger und Schramm finden sich Verweise auf
einschlägige Literatur zu den verschiedenen Positionen in dieser Frage.
Frashëri bietet den Blick eines führenden albanischen Historikers auf den
aktuellen Forschungsstand.
[3] Matzinger (2009a), S. 14, Fußnote
6, schreibt, dass „die Auffassung
von der dardanischen Herkunft der Albaner“ die kosovarische Unterart dieser Hypothese sei. Er muss „Albaner“ mit „Kosovoalbaner“ verwechselt haben, denn bisher
bin ich in der einschlägigen albanischsprachigen Literatur auf keine solche
Ansicht gestoßen. Der Einzige, der je behauptet hat, das antike Dardanien sei
die Wiege aller Albaner, war Norbert Jokl.
[4] Siehe zu Illyrisch und
Illyrern: Heiner Eichner (2004): Illyrisch – Die unbekannte Sprache. In: Museum
für Urgeschichte Asparn an der Zaya (Hg.): Die Illyrer. Archäologische Funde
des 1. vorchristlichen Jahrtausends aus Albanien. Haugsdorf, 92-117; Peter
Siewert (2004): Die Geschichte der Illyrer. In: Museum für Urgeschichte Asparn
an der Zaya (Hg.): Die Illyrer. Archäologische Funde des 1. vorchristlichen
Jahrtausends aus Albanien. Haugsdorf, 79-91.
[5] Siehe zu Thrakisch und
Thrakern: Ivan Duridanov (1985): Die Sprache der Thraker. Neuried: Hieronymus;
Hermann Ament u. a. (Hg.) (2003): Frühe Völker Europas. Thraker – Illyrer –
Kelten – Germanen – Etrusker – Italiker – Griechen. Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
[6] Gustav Weigand (1927): Sind die Albaner die Nachkommen der Illyrer
oder der Thraker? In: Balkan-Archiv 3, S. 227-251; Schramm (1994).
[7] Schramm (1994), S. 22-29; Matzinger
(2009a), S. 27 f..
[8] Stellvertretend seien hier nur einige albanische
Arbeiten während der kommunistischen Ära genannt, weil die wichtigsten
nichtalbanischen Arbeiten in der weiteren Folge besprochen werden: Anamali,
Skënder; Korkuti, Muzafer; Gjinari, Jorgji (Hg.) (1969): Ilirët dhe gjeneza e
shqiptarëvet. Tirana. (= frz. Fassung: Les
Illyriens et la genèse des Albanais. Travaux de la session du 3-4 mars 1969.
Hg. v. Université de Tirana, Institut d'histoire et de linguistique. Tirana: 1971; Eqrem Çabej (1974): Die Frage nach dem
Entstehungsgebiet der albanischen Sprache. In: Zeitschrift für Balkanologie 10, H. 2, S.
7-32; Eqrem Çabej (1985): The problem of the autochthony of the Albanians in
the light of the place names. In: Academy of
Sciences of Albania (Hg): The Albanians and their territories. Tirana, S. 33-48; Skendër Gashi
(1976): La toponymie antique et le problème de l'autochtonie des Albanais. Résultats et problèmes. In: Onomastica Jugoslavica 6, S. 115-125; Zef
Mirdita (1977): Genesi del popolo albanese. In: Rivista di studi e ricerche
della Cassa di Risparmio di Calabria e di Lucania 12, S. 57-70; Konferenca
kombëtare për formimin e popullit shqiptar, të gjuhës dhe të kulturës së tij. Tiranë, 2-5 korrik 1982. Tirana: 1988. (= Die nationale
Konferenz über die Herausbildung des albanischen Volkes, seiner Sprache und
Kultur. Tirana, 2.-5. Juli 1982. Frz. Ausgabe: La Conférence nationale sur la
formation du peuple albanais, de sa langue et de sa culture 2-5 juillet 1982.
Hg. v. L'Academie des Sciences de la RPS d'Albanie. Tirana: 1982.); Skendër Anamali (1984): The
problem of the formation of the Albanian people in the light of the
archaeological data. In: Problems of the formation
of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, S.
65-93; Aleks Buda (1982): Etnogjeneza e popullit shqiptar në dritën e
historisë. In: Zëri i popullit, Tirana, 3 Korrik. [= Die Ethnogenese des
albanischen Volkes im Lichte der Geschichte. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der
Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa.
Zs. f. Gegenwartsforschung 31 (1982), S. 413-425, hier S. 415-420.; = The
genesis of the Albanian people in the light of history. In: Academy of Sciences
of Albania (ed.): Problems of the formation of the Albanian people, their
language and culture. Tirana: 8 Nëntori 1984, S. 9-24.]; Mahir Domi (1982):
Probleme të historisë së formimit të gjuhës shqipe, arritje dhe detyra. In:
Zëri i popullit, Tirana, 3 Korrik. (= Probleme der Geschichte der Herausbildung
der albanischen Sprache. Errungenschaften und Aufgaben. In: Bernhard Tönnes:
Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In:
Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31
(1982), S. 413-425, hier S. 420-425.); Kristo Frashëri (1984): The territories
of the Albanians during the early middle ages. In: Problems of the formation of the Albanian people, their language
and culture. Tirana: 8 Nëntori, S. 147-167.
[9] Es würde den thematischen Rahmen dieser Arbeit
sprengen, alle Vertreter dieser These aufzuzählen, deshalb seien hier nur
stellvertretend genannt: Hermann Hirt (1905): Die Indogermanen. Ihre
Verbreitung, ihre Urheimat und ihre Kultur. Bd. 1. Straßburg: Trübner, 141 f.; Gustav
Weigand (1927): Sind die Albaner die Nachkommen der Illyrer oder der Thraker?
In: Balkan-Archiv 3, S. 227-251; Ivan Popović (1958): Slawen und Albaner in
Albanien und Montenegro. Zum Problem der slawisch-albanischen
Sprachchronologie. In: Zs. f. Slawische Philologie 26, S. 301-324; Heinz
Kronasser (1965): Illyrier und Illyricum. In: Die Sprache 11, S. 155-183; Vladislav Popović
(1984): Byzantins, Slaves et autochtones dans les provinces de Prévalitane et
Nouvelle Épire. In: Collection de l' École Française de Rome 77, S. 181-243;
Vladislav Popović (1988): Albanija u kasnoj antici. In: Iliri i Albanci, S. 201-283; Gottfried Schramm (1994): Anfänge des
albanischen Christentums. Die frühe Bekehrung der Bessen und ihre langen
Folgen. 1. Aufl.. Freiburg i. Breisgau: Rombach.
[10] Eqrem Çabej (1976): Studime gjuhësore III. Prishtina: Rilindja, S. 30
f..
[11] Fallmerayer setzte den Ursitz der Albaner in dem ganzen Gebiet des
heutigen Albaniens und Epirus an.
Völlig aus dem Rahmen fällt F. C.
H. L. Pouqueville, der der Meinung war, dass die Albaner im Frühmittelalter
oder in der mythischen Zeit des Argonautenzuges aus dem Kaukasus eingewandert
seien.
[12] Çabej (1976), S. 34 f..
[13] Zu den Pelasgern siehe: Fritz Freiherr Lochner von
Hüttenbach (1960): Die Pelasger. Wien: Gerold.
Über die
Pelasger gibt es – neben der Ansicht Hahns – nach wie vor verschiedene
Meinungen in der Wissenschaft:
1)
= die Karer oder Leleger, die vorindogermanische
Bevölkerung der Ägäis
2)
= griechische Stämme der nordthessalischen Landschaft
Pelasgiotis
3) =
ein Einzelstamm der Illyrer (Lochner von Hüttenbach)
[14] Çabej (1976), S. 43 f..
[15] Milan von Šufflay (1916-1917): Biologie des albanesischen Volksstammes. In:
Ungarische Rundschau für historische und soziale Wissenschaften, S. 1-26.
[16] Çabej (1976), S. 35.
[17] Ebda, S. 35.
[18] Josef Konstantin Jireček (1911): Geschichte der Serben. Bd. 1. Gotha:
Perthes, S. 152.
[19] Georg Stadtmüller
(1966): Forschungen zur albanischen Frühgeschichte. 2. erweit. Aufl..
Wiesbaden: Harrassowitz, S. 43.
[20] Norbert: Jokl (1924): Albaner (Sprache). In: Reallexikon der
Vorgeschichte 1, S. 84-93.
[21] Çabej (1976), S. 35 f..
[22] Jokl (1923): Linguistisch-kulturhistorische
Untersuchungen aus dem Bereiche des Albanischen. Leipzig, Berlin: De Gruyter,
S. 161; Jokl (1924), S. 92.
[23] Jokl (1924), S. 91 f..
[24] Das hier gewonnene Ergebnis
berührt sich mit der Anschauung Jirečeks, nach der die Vorfahren der Albaner
während der Völkerwanderungen aus dem Berglande zwischen Dalmatien und der
Donau südwärts gedrängt worden seien.
[25] Çabej (1976), S. 39.
[26] Ebda, S. 39.
[27] Ebda, S. 32.
[28] Ebda, S. 32.
[29] Ebenso meint Heinz Kronasser (1965): Illyrier
und Illyricum. In: Die Sprache 11, S. 180: "Die Terminologie für Seefahrt und
Fischfang ist im Albanischen ein buntes Gemisch von Lehngut aus verschiedenen
Sprachen. Dies wäre kaum möglich, wenn die Albaner seit dem Altertum in ihren
historischen Sitzen gewesen wären."
[30] Zitiert nach Çabej (1976), S. 33.
[31] Siehe auch: Aleks Buda (1986): Rreth disa
çështjeve të historisë së formimit të popullit shqiptar, të gjuhës e të kulturës
së tij. In: Aleks Buda: Shkrime Historike 1.Tiranë: 8 Nëntori, S. 105-128, hier
S. 107. (Dieser Aufsatz Budas ist der Zeitschrift "Studime
Historike", 1980, nr. 1, S. 165-180, entnommen.).
[32] Çabej (1976), S. 33 f..
[33] Stadtmüller (1966), S. 47-54.
[34] Ebda, S. 51 f..
[35] Ebda, S. 50. Nach Stadtmüller kann eine berechtigte
Beweisführung des Lebensraumes aus der Abstammung, also aus der illyrischen
oder thrakischen Abstammungshypothese, nur dann erfolgen, wenn folgende zwei
Voraussetzungen gegeben seien:
1)
die Möglichkeit der Klärung der Abstammungsfrage (=
Prämisse I),
2)
die Möglichkeit der Klärung der illyrisch-thrakischen
Sprachgrenzen (= Prämisse II).
Die
Abstammungsfrage könne nur durch anthropologisch-somatische Tatsachen geklärt
werden, weil allein die anthropologische Eigenart sich nach unabänderlichen
Naturgesetzen vererbe. Sprachliche Tatsachen nämlich seien von der bewussten
Einstellung der Menschen abhängig und sagten deshalb nichts über die Abstammung
eines Volkes aus. Sprachliche Gemeinsamkeiten könnten nur auf sprach- und kulturgeschichtliche
Zusammenhänge verweisen.
[36] Ebda, S. 50.
[37] Ebda, S. 54 ff..
[38] Siehe dazu z. B. Kristo Frashëri (1964): The History of Albania (A Brief Survey). Tirana;
Kristo Frashëri (1984): The territories of the Albanians during the early
middle ages. In: Academy of Sciences of Albania (ed.): Problems of
the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8 Nëntori, 147-167.
[39] Stadtmüller (1966), S. 76-121.
[40] Aleks Buda (1984): The genesis of the Albanian people
in the light of history. In: Academy of Sciences of Albania (ed.): Problems of
the formation of the Albanian people, their language and culture. Tirana: 8
Nëntori, S. 16; Mahir Domi (1982): Probleme der
Geschichte der Herausbildung der albanischen Sprache. Errungenschaften und
Aufgaben. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine
Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31,
S. 424.
[41] Buda (1984), S. 16 f..
[42] Ali Dhrimo (1991): Der
Beitrag deutscher Forscher auf dem Gebiet des Albanischen. In: Grothusen,
Klaus-Detlev (Hg.): Albanien in Vergangenheit und Gegenwart. Internationales
Symposion der Südosteuropa-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Albanischen
Akademie der Wissenschaften, Winterscheider Mühle bei Bonn, 12.-15. September
1989. München: SOE-Gesellschaft, S. 165; Aleks Buda (1982b): Die Ethnogenese
des albanischen Volkes im Lichte der Geschichte. In: Bernhard Tönnes: Zur Frage
der Ethnogenese der Albaner. Eine nationale Konferenz in Tirana. In:
Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31, S. 417 f.; Domi (1982), S. 423.
[43] Çabej (1976), S. 40; Buda (1986), S. 114.
[44] Buda (1986), S. 107; Aleks Buda (1982a):
Etnogjeneza e popullit shqiptar në dritën e historisë. In: Zëri i popullit,
Tirana, 3 Korrik, S. 139-140.
[45] Hier zitiert nach Çabej (1976), S. 39. Zum Gesamtwerk Cimochowskis siehe: Studia
Albanica. In memoriam Waclaw Cimochowski (2005). Torun: Wydawnictwo Naukowe Umk;
Waclaw Cimochowski (2004): Për gjuhën shqipe. Akademia e shkencave dhe e
arteve e Kosovës. LI, 23. Prishtina.
[46] Buda (1982b), S. 417.
[47] Ebda, S. 419.
[48] Buda (1986), S. 106-107; Buda (1982a), S.
140.
[49] Buda (1982b), S. 418.
[50] Domi (1982), S. 422-424.
[51] Buda (1982a), S. 141.
[52] Çabej (1976), S. 40 f.; Buda (1982a), S. 138.
[53] Bernhard Tönnes (1982): Zur Frage der Ethnogenese der Albaner. Eine Nationale Konferenz in Tirana. In: Südosteuropa. Zs. f. Gegenwartsforschung 31, S. 414 f..
[54] Çabej (1976), S. 25.
[55] Géza Alfőldy (1965): Bevölkerung und Gesellschaft der römischen Provinz
Dalmatien. Budapest: Akadémiai Kiadó; Géza Alfőldy (1972): Südosteuropa im
Altertum – von der Vielfalt zur Einheit. In: Südost-Forschungen 31, 1-16.
[56] Zdenko Vinski (1969): Autochthone Kulturelemente zur Zeit der
slavischen Landnahme des Balkanraumes. In: Simpozijum predslavenski etnicki
elementi na Balkanu u etnogenezi juznih Slovena. Sarajevo, 171-199.
[57] Vladislav Popović (1988): Albanija u kasnoj antici. In:
Iliri i Albanci, 201-283.
[58] Karl Kaser (1992): Hirten, Kämpfer, Stammeshelden. Ursprünge und Gegenwart des
balkanischen Patriarchats. Wien, Köln, Weimar: Böhlau. Kapitel „Die Geschichte des illyrischen Erbes
– eine eigene Geschichte“, S. 119-171, hier S. 130.
[59] Siehe dazu John J. Wilkes (1992): The Illyrians. Oxford: Blackwell Publishing. Wilkes äußert sich auf S. 278
folgendermaßen: "… likely identification seems to be with a Romanized
population of Illyrian origin driven out by Slav settlements further north, the
'Romanoi' mentioned by Constantine Porphyrogenitus."
[60] Kaser (1992), S. 132; Popović
(1988), S. 244 f..
[61] Kaser (1992), S. 134; Vinski
(1969), S. 189.
[62] Etleva Nallbani
(2004a): Resurgence des traditions de l’Antiquité tardive dans les Balkans
occidentaux: etude des sepultures du nord de l’Albanie. In: Hortus Artium
Medievalium 10, S. 25-42; Etleva Nallbani (2004b): Transformations et
continuité dans l’ouest des Balkans: le cas de la civilisation de Komani
(VIe-IXe siecles). In: Cabanes, P. / Lamboley, J.-L. (Hg.). L’Illyrie
meridionale et l’Epire dans l’Antiquité. IV. Actes du IVe colloque
international de Grenoble, 10-12 octobre 2002. Paris, S. 481-490; William Bowden
(2003): The construction of identities in post-Roman Albania. In: Bowden,
William; Lavan, Luke (ed.): Theory and practice in late antique archaeology. Leiden, Boston: Brill, S. 57-78.
[63] Schramm (1994).
[64] Zu den Bessen siehe
Wilhelm Tomaschek (1868): Über Brumalia und Rosalia nebst Bemerkungen über den
bessischen Volksstamm. In: Sitzungsberichte der K. u. K. Akademie der
Wissenschaften Wien, phil. hist. Kl. 60, 2. H., S. 351-404; Christo Milošev Danov
(1976): Altthrakien. Berlin, New York: de Gruyter.
[65] Schramm (1994), S. 41 ff..
[66] Ebda, S. 48 ff..
[67] Ebda, S. 121 ff..
[68] Ebda, S. 149 ff..
[69] Ebda, S. 157 ff..
[70] Gegenteiliges findet man bei Domi (1982), S. 422 f..
[71] Schramm (1994), S. 32; völlig konträr dazu ist die
Aussage von Domi (1982), S. 423.
[72] Die sich das ganze Buch
hindurchziehende und für einen Historiker des ausgehenden 20. Jahrhunderts
unüberlegte Wortwahl "Barbarensprachen" und
"Barbarenstämme" – womit offensichtlich alles Nichtgriechische,
Nichtrömische und Nichtslawische gemeint ist – bereitet dem fachkundigen Leser
zumindest ein gewisses Unbehagen.
[73] Ivan Popović (1958): Slawen und Albaner in Albanien
und Montenegro. Zum Problem der slawisch-albanischen Sprachchronologie. In:
Zeitschrift für Slawische Philologie 26, S. 301-324.
[74] Vor allem Oliver Jens Schmitt (2009): Skanderbeg. Der neue Alexander auf dem Balkan. Regensburg: Pustet.
[75] Jusuf Buxhovi (2012): Kosova. 3 Bd.e. Antike,
Mittelalter, Osmanisches Reich bis zum internationalen Protektorat.
Prishtina/Huston: Faik Konica & Jalifat.
[76] Ebda, Bd. 1, S. 31-182.
[77] Albert
Ramaj; Nuri Bexheti; Xhemal Ahmeti (2012): Buxhovi verfälscht die Geschichte –
Buxhovi falsifikon historinë. In: www.albanisches-institut.ch
[78] Clewing (2013), S. 518 f..
[79] Çabej (1976), S. 36.
[80] Schmitt (2012), S. 40-43.
[81] Benannt nach dem Wiener
Balkanhistoriker Josef Konstantin Jireček, der sie zum ersten Mal in seiner
„Geschichte der Serben“, Bd.
1. Gotha: Perthes 1911, erwähnt.
[82] Matzinger (2009a);
Joachim Matzinger (2009b): Kritische
Kurzbemerkungen zur nordalbanischen Toponomastik. Die Namen der urbanen Zentren
im adriatischen Küstenbereich. In: Genesin, Monica; Matzinger, Joachim (Hg.):
Nordalbanien – L’Albania del Nord. Hamburg: Kovač, 87-98; Joachim Matzinger
(2010): Illyrisch und Albanisch –
Erkenntnisse und Desiderata. In: Nedoma, Robert; Stifter, David (Hg.):
Festschrift für Heiner Eichner (= Die Sprache 48, 2009). Wiesbaden:
Harrassowitz, 98-106.
[83] Stefan Schumacher (2009):
Lehnbeziehungen zwischen Protoalbanisch und balkanischem Latein bzw. Romanisch.
In: Frantz, Eva Anne; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Albanische Geschichte.
Stand und Perspektiven der Forschung. München: Oldenbourg, 37–59.
[84] Joachim Matzinger;
Stefan Schumacher (2014): Die Verben des Altalbanischen. Belegwörterbuch,
Vorgeschichte und Etymologie. Wiesbaden: Harrassowitz.
Der Verlag Harrassowitz
bewirbt das Lexikon auf seiner Website mit folgenden Worten: „Das Belegwörterbuch der altalbanischen
Verben umfasst alle Verbalformen, die bei den altalbanischen Autoren Pjetër
Budi, Frang Bardhi, Pjetër Bogdani, Gjon N. Kazazi, Lekë Matrënga und Jul Variboba
belegt sind (17. bis 18. Jahrhundert). Diese Verbalformen werden nicht nur
dokumentiert, sondern auch phonologisch, grammatisch und etymologisch
analysiert. Damit ist zum einen für die Albanologie und Balkanologie eine
grundlegende Pionierarbeit im Bereich der altalbanischen Lexikologie geleistet
worden, zum anderen wurde für die historische Sprachwissenschaft und
insbesondere für die Indogermanistik das altalbanische Verbalsystem so
aufbereitet, dass es auch in vergleichende historische Untersuchungen
einbezogen werden kann. Das Wörterbuch enthält zudem Betrachtungen zum Aufbau
des altalbanischen Verbalsystems, synchrone und diachrone Analysen ausgewählter
Verbalkategorien, einen Beitrag zur synchronen Phonologie der behandelten
altalbanischen Texte und eine Untersuchung der zugrundeliegenden historischen
Phonologie. Mit diesem Wörterbuch wird ein Instrument vorgelegt, das es
ermöglicht, die altalbanischen Texte leichter zu erschließen und so in
linguistische oder historische Fragestellungen einzubeziehen.“
[85] Matzinger (2009a), S. 21.
[86] Ebda, S. 22-27.
[87] Ebda, S. 27 f..
[88] Ebda, S. 29-33.
[89] Ebda, S. 33-36.
[90] Ebda, S. 35 f..
[91] Ebda, S. 36.
[92] Schmitt (2012), S. 43.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen